Andrena marginata ist eine der wenigen Spätsommerbienen in der artenreichen Gattung der Sandbienen. Die Weibchen sammeln oligolektisch an Kardengewächsen, gemäß der einschlägigen Literatur insbesondere an diversen Skabiosen-Arten, gebietsweise auch an Teufelsabbiss. Sie sind gegenüber anderen Sandbienenarten unverwechselbar: Ihr Hinterleib ist fast völlig orangerot, nur Tergit 1 bleibt überwiegend schwarz. Die Behaarung ist am Brustabschnitt bräunlich, am Hinterleib finden sich unauffällige hellgelbe Haarbinden. Die schlanken, flugtüchtigen Männchen zeigen weniger Rot, dieses ist auf die vorderen Tergite 2 und 3 beschränkt. Es handelt sich um eine eher kleinere Art mit bis zu 1cm Körperlänge.
Skabiosen-Sandbiene sammelt Pollen an Gelber Skabiose. 13.8.2022, Melk
Männchen der Skabiosen-Sandbiene auf Gelber Skabiose. 22.7.2022, Melk
Wiesbauer bezeichnet die Art als „mäßig häufig“, was sich aber vor allem auf den engeren pannonischen Raum beschränken dürfte. Dort gibt es in Schutzgebieten, an Ruderalstandorten und an Dämmen reiche Bestände der Gelben Skabiose (Scabiosa ochroleuca) und damit auch gute Voraussetzungen für diese bunte Sandbiene. Im übrigen Mitteleuropa war Andrena marginata früher weit verbreitet, doch sind die bunten Magerwiesen mit reichen Skabiosenbeständen inzwischen überall drastisch zurückgegangen. Auch werden Flächen gemieden, die unregelmäßig oder zum falschen Zeitpunkt gemäht werden. So konnte ich etwa an den Donaudämmen beim Kraftwerk Melk die Art bisher trotz reicher Vorkommen von Scabiosa ochroleuca nicht finden, während dort die verwandte Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana, die vorwiegend Witwenblumen besucht, regelmäßig anzutreffen ist. An lilafarbenen Skabiosen konnte ich die Skabiosen-Sandbiene in unserem Gebiet bisher nur ein einziges Mal beobachten, nämlich vor Jahren an einer Straßenböschung bei Zehentegg an der Südlichen Skabiose Scabiosa gramuntia. Foto ist mir damals keines gelungen, denn diese Biene ist recht scheu und flüchtet bei Störung meistens sehr schnell und weiträumig. An Feuchtstandorten mit guten Beständen des Teufelsabbisses (Succisa pratensis) habe ich Andrena marginata noch nie beobachten können.
In Deutschland gilt die Skabiosen-Sandbiene als „stark gefährdet“, in Bayern sogar als „vom Aussterben bedroht“.
Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana sammelt Pollen an Acker-Witwenblume. 6.7.2022, Kleinpöchlarn
Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana sammelt ausnahmsweise an Gelber Skabiose. Man beachte unterschiedliche Färbung der Pollenhöschen! 18.7.2022, Neubach
Auf dem Betriebsgelände Gradwohl bei Melk wächst auf den sandigen Böden auch verbreitet Scabiosa ochroleuca. Hier konnte ich zu meiner Freude schon vor 2 Jahren einige Weibchen der auffälligen Spätsommer-Sandbiene Andrena marginata entdecken. Voriges Jahr habe ich mich mit dieser Bienenart intensiver auseinandergesetzt. Schon Mitte Juli habe ich damals die ersten Exemplare während der Suche nach der seltenen Blattschneiderbiene Megachile genalis entdeckt, und zwar zu meiner Überraschung regelmäßig und in vergleichsweise guter Zahl an blühenden Karden, sowohl an der Schlitzblättrigen Karde (Dipsacus laciniatus) als auch an der hier selteneren Wilden Karde (Dipsacus fullonum). Die Tiere sammelten auch ausdauernd den großen Pollen dieser Pflanzen. Das war deshalb so überraschend, weil die Literatur bisher Karden als Pollenlieferanten für Andrena marginata mehr oder weniger ausschloss oder zumindest nicht explizit erwähnte. Westrich erklärt sogar, warum die beiden auf Kardengewächse spezialisierten Sandbienenarten Andrena hattorfiana und A. marginata seiner Meinung nach die Karden im engeren Sinn nicht nutzen könnten: Steifborstige Spreublätter zwischen den Einzelblüten würden verhindern, dass die Bienen über die Blütenköpfe laufen könnten. Die Karden blühen aber noch vor der Hauptblüte von Scabiosa ochroleuca, somit taucht Andrena marginata hier sehr früh auf und präferiert das reiche Angebot der Karden. Auch die frühen Fortpflanzungsaktivitäten der Männchen spielen sich an den Blütenständen der Karden ab. Die borstigen Spreublätter haben dabei keine sichtbaren Auswirkungen auf das Verhalten der Bienen und behindern diese beim Pollensammeln nicht.
Wenn dann die Karden langsam abblühen, wechseln die Sandbienen im August zu den nun häufigeren Skabiosen und sammeln dort den recht ähnlichen, aber wohl eine Spur kleineren Pollen dieser Pflanzen – eine durchaus interessante Entdeckung!
Skabiosen-Sandbiene sammelt Pollen an Schlitzblättriger Karde. Da sich die Blütenteile über die stacheligen Spreublätter erheben, kann sich die Biene problemlos über den Bereich mit offenen Blüten bewegen und Nektar und Pollen ernten. 22.7.2022 Melk
Skabiosen-Sandbiene sammelt Pollen an Wilder Karde. 21.7.2022, Melk
Männchen der Skabiosen-Sandbiene macht Nektarpause während eines Weibchensuchpatrouillefluges und bewegt sich geschickt an den stachligen Spreublättern der Schlitzblättrigen Karde. 14.7.2022, Melk
Schließlich blieb auch die Beobachtung des spezifischen Brutparasiten von Andrena marginata nicht aus. Es handelt sich um die Wespenbiene Nomada argentata, eine generell sehr selten beobachtete Art. Durch ihre späte Flugzeit kann sie kaum mehr mit einer der vielen anderen, meist etwas anders aussehenden Nomada-Arten verwechselt werden, außerdem bevorzugt sie dieselbe Nahrungspflanze wie ihr Wirt: Scabiosa ochroleuca.
Männchen der Wespenbiene Nomada argentata. 4.9.2021, Melk
Ich konnte also 2022 viele interessante Beobachtungen dieser hübschen Sandbienen-Art machen und einige Bilder schießen. Doch 2023 sieht es nun ganz anders aus: Durch die ziemlich verrückten Wetterabläufe in diesem Jahr war es heuer ein auffallend schwaches Insektenjahr, unter dem auch viele Bienenarten zu leiden hatten. Andrena marginata konnte ich heuer erst gegen Mitte August mit vereinzelten Weibchen beobachten. Die Bestände sind also so wie bei vielen anderen Bienenarten stark eingebrochen. Manche der zuletzt zugewanderten pannonischen Raritäten sind heuer überhaupt ausgeblieben.
Die Chance, Andrena marginata außerhalb des pannonischen Raums zu finden, dürfte daher heuer besonders gering sein. Dennoch könnte es sich auszahlen, gute Bestände von Scabiosa ochroleuca auf diese Bienenart zu kontrollieren, speziell an Stellen, die nur selten oder gar nicht gemäht werden und wo es offene Bodenstellen zum Nestbau gibt.
Literatur:
Westrich, Paul (2018): Die Wildbienen Deutschlands. Ulmer Verlag, 821 S.
Wiesbauer, Heinz (2023): Wilde Bienen. 3. erweiterte Auflage, Ulmer Verlag, 527 S.
Wolfgang Schweighofer, 14.08.2023