Unbemerkte Artenvielfalt am Tachberg bei Emmersdorf an der Donau

Das Frühlingserwachen bei den Wildbienen hat schon längst eingesetzt. Der zeitige Frühling ist die Flugzeit vieler Sandbienen-Arten. Eine davon ist z.B. die winzige Rote Fingerkraut-Sandbiene (Andrena potentillae), der ich schon letztes Jahr einen Beitrag gewidmet habe. Inzwischen konnte ich im Nibelungengau nördlich der Donau bereits 5 Vorkommen dieser sehr gefährdeten, auf Frühlingsfingerkraut spezialisierten Biene entdecken. Entwarnung kann aber keinesfalls gegeben werden. Denn das letztjährige Hauptvorkommen am Henzing präsentierte sich heuer vollkommen mit Gülle übergossen, sodass nur mehr ganz wenige Individuen beobachtet werden konnten.

Eines der neuen Vorkommen befindet sich an einer kleinen, wenig auffälligen Wiesenböschung am Tachberg nordwestlich von Emmersdorf. 99 Prozent derartiger Böschungen sind heutzutage verbracht und verfilzt, sodass kaum blühende Pflanzen und Insekten dort gefunden werden können. Dank dieses einen Bewirtschafters aber ist hier ein Mikrokosmos erhalten geblieben, wo noch Kuhschellen, Frühlingsfingerkraut, Hufeisenklee und zahlreiche Wildbienen-Arten einen Lebensraum finden. Es wimmelt nur so von den „Vulkanen“ der 6-Jahres-Schmalbiene Lasioglossum marginatum. Hier entdeckte ich aber nicht mehr als 2 Exemplare der Roten Fingerkraut-Sandbiene an den Blüten des Fingerkrauts.

1 Fingerkraut Sandbiene

Weibchen der Roten Fingerkraut-Sandbiene am Tachberg bei Emmersdorf. 25.3.2022.

 

Oben am Waldrand gibt es eine weitere sandige Böschung, wo ich am 25.3.2022 einen individuenreichen Nistplatz der Großen Weiden-Sandbiene (Andrena vaga) entdecken konnte. Diese große, weit verbreitete Sandbiene fliegt zeitig im Frühling, wenn die Weidenkätzchen blühen. Sie sammelt nur Pollen dieser Sträucher. Dank ihres glänzend schwarzen Abdomens und des silbriggrauen Thorax-Pelzes ist die eindrucksvolle Art mit ihrer Größe unverkennbar. Zahlreiche dieser Bienen schwärmten im Bereich weniger Quadratmeter über lückiger Vegetation auf sandigem Boden. Die frischen Weibchen inspizierten bereits die Nistmöglichkeiten auf diesem Areal. Die Fortpflanzungsaktivitäten wurden dann aber durch einen Spätwintereinbruch unterbrochen.

2 Weiden Sandbiene

Frisches Weibchen der Großen Weiden-Sandbiene am Nistplatz. 25.3.2022

 

Als ich am 13. April diese Stelle wiederum aufsuchte, fand ich zu meiner Überraschung noch immer Weibchen von A. vaga, die mit gelbem Pollen beladen vom Sammelflug zurückkehrten und sich in den lockeren Sand einbuddelten, um ihre darin verborgenen Nester zu erreichen. Man hatte eigentlich das Gefühl, dass sämtliche Weiden bereits längst verblüht wären, aber diese Bienen wussten anscheinend noch Standorte, wo sie den gewünschten Pollen ernten konnten.

3 Vaga

Vom Sammelflug mit Weidenpollen zurückgekehrtes Weibchen von Andrena vaga. 13.4.2022

 

Aber wesentlich auffälliger als die verbliebenen Weiden-Sandbienen waren an dem Platz nun schwärmende Wespenbienen der Gattung Nomada. Praktisch jede der zahlreichen Sandbienen-Arten hat ihren speziellen „Kuckuck“, dessen Weibchen versuchen, ihre Eier in den Nestern der Wirts-Bienen unterzubringen, natürlich auf Kosten der Nachkommenschaft des Wirtes. Im Fall von A. vaga ist das Nomada lathburiana.

4 Kuckucksbiene

Kuckucksbiene Nomada lathburiana gräbt sich auf der Suche nach Nestern von A. vaga im Sand ein. 13.4.2022.

 

Diese Kuckucksbienen konnte ich in enormer Zahl am Nistplatz von A. vaga beobachten und auch bestimmen. Denn die Nomada-Arten sehen sich z.T. sehr ähnlich und sind nur über ihren Wirt zu bestimmen. Die Kuckucksbienen haben ebenfalls im lockeren Sand gegraben, um die Nester von A. vaga zu finden. Natürlich werden am Ende nicht alle gefunden, Wirt und Parasit halten sich in etwa die Waage, sodass man im nächsten Jahr wieder beide wird fliegen sehen. Vorausgesetzt natürlich, der Bewirtschafter trifft auch in Zukunft die Maßnahmen so, dass Kuhschellen, Frühlingsfingerkraut und Bienen weiterhin hier ihre Lebenszyklen ablaufen lassen können. Am Henzing-Südwesthang war das leider heuer nicht mehr der Fall.

5 Emmersdorf

Unauffällige, kleine, aber gemähte Wiesenböschung als Zentrum der Artenvielfalt am Tachberg bei Emmersdorf. 13.4.2022.

6 Fingerkraut

Gemähte Wiesenböschung mit reichlich Fingerkraut und Hufeisenklee bietet reichlich Nistmöglichkeiten für Sand- und Schmalbienen. 13.4.2022.