Die Schwarze Mörtelbiene im Nibelungengau

Megachile parietina gehört in Mitteleuropa zu den Kostbarkeiten der Bienenfauna. Die Art ist südlich verbreitet und war in Mitteleuropa nie häufig und auf Wärmegebiete beschränkt. Dort ist sie vielfach in den letzten Jahrzehnten ausgestorben. Von verbliebenen Reliktstandorten ausgehend, hat sich die Art in letzter Zeit besonders im östlichen Österreich im Zuge des Klimawandels wieder einigermaßen erholt. In Deutschland ist sie weiterhin extrem selten und auf handverlesene Standorte im Südwesten und Westen beschränkt bzw. wurde sie an einem Standort neu angesiedelt.

Die Art ist durch ihre bedeutende Größe sehr auffällig. Während die Weibchen durch ihre schwarze Färbung und dunklen Flügel unverkennbar sind und allenfalls mit Holzbienen verwechselt werden können, von denen sie sich aber durch ihre orange Bauchbürste unterscheiden, sind die Männchen völlig anders gefärbt. Bei ihnen sind der Rückenpelz und die ersten 3 Segmente des Hinterleibs lang rostbraun behaart. Ihr Verhalten erinnert an das von Schwebfliegen. Aufgescheucht drehen sie einige weitläufige Runden, um anschließend an ihren bevorzugten Sitzplatz an einem besonnten Felsen zurückzukehren. Die Männchen sind nur für kurze Zeit nach dem Schlupf im April zu beobachten, während die Weibchen manchmal bis Anfang Juli beim Pollen- und Nektarsammeln angetroffen werden können.

Schwarze Mörtelbiene (Megachile parietina) Weibchen beim Sammeln von Nestbaumaterial. Steinbruch Kleinpöchlarn, 10.5.2018

Diese Bienen stellen verschiedene Ansprüche an ihren Lebensraum: Die Nester werden an natürlichen Felsen, in Steinbrüchen oder an Mauern und Hauswänden gemauert. Dazu braucht die Mörtelbiene feuchtes Baumaterial, das an vegetationsfreien Stellen aufgesammelt wird. Zur Verproviantierung der Brutzellen benötigt sie außerdem großflächige blumenreiche Wiesen. Die Art gilt als polylektisch, bevorzugt jedoch deutlich Lippenblütengewächse und Schmetterlingsblütler. Ich habe die Weibchen bisher an Esparsette, Hornklee, Wiesensalbei und Lavendel beobachtet.

Schwarze Mörtelbiene (Megachile parietina) Weibchen beim Nektartrinken an Lavendel. Artstetten, 4.7.2014

Einen ausführlichen Steckbrief der Schwarzen Mörtelbiene mit Details zum faszinierenden Nestbau hat Paul Westrich veröffentlicht: https://www.wildbienen.info/steckbriefe/megachile_parietina.php

Die ersten Mörtelbienen habe ich vor etlichen Jahren am Vorplatz vor meinem Haus in Artstetten beobachtet, sie hatten wiederholt meine Lavendelbüsche besucht. Nach einigen Jahren Pause entdeckte ich Mörtelbienen am Kleinpöchlarner Rindfleischberg, zuerst beim Pollensammeln auf der „Leinwiese“, später dann beim Nestbau im Steinbruch östlich davon. Im Frühling vor 2 Jahren konnte ich dort die ersten 2 Männchen sichten, allerdings in unerreichbarer Höhe.

Bedauerlicherweise soll nun der aufgelassene Steinbruch trotz des bekannten Vorkommens zahlreicher seltener und geschützter Arten (in einem Europaschutzgebiet!) in ein Betriebsgebiet umgewandelt werden. Daher wurden letzten Winter Sicherungsarbeiten durchgeführt, wobei unerwarteterweise ausgerechnet die beiden mir bekannten Mörtelbienennester hoch oben in den Felsen zerstört wurden. Ein Kommentar erübrigt sich.

Umso erfreulicher war nun die Tatsache, dass schon im letzten Jahr eine weibliche Mörtelbiene nach mehrjähriger Pause wieder auf meinem Grundstück auftauchte und an Hornklee sammelte. Meine Vermutung, dass die Art durch die Neuanlage der überall stark aufkommenden, von mir eigentlich nicht sehr geschätzten „Zyklopenmauern“ gefördert werden könnte, hat sich nun bestätigt. Gerade vor einigen Tagen konnte ich nur etwa 100 Meter von meinem Haus entfernt an so einer Mauer ein frisch geschlüpftes Mörtelbienenmännchen aufscheuchen, das sich in der Folge sogar bereitwillig aus kurzer Distanz fotografieren ließ! An der sonnenexponierten Mauer dürfte wohl auch das eine oder andere Nest in nächster Zeit errichtet werden.

Schwarze Mörtelbiene (Megachile parietina) Männchen. Artstetten, 28.4.2021

Wie kann man nun die Schwarze Mörtelbiene an ihren Vorkommen mit speziellen Maßnahmen fördern? In den Hausgärten im Nahbereich von geeigneten, südseitigen Zyklopenmauern (das sind Mauern aus großen, schweren Steinen, die unter Einsatz von vielen Baggerstunden gelegt werden und eigentlich alles andere als natürlich wirken) sollten bevorzugte Trachtpflanzen der Mörtelbiene gepflanzt werden, beispielsweise Lavendel oder diverse Salbeiarten. Blumenwiesen mit reichlich Esparsette und Hornklee wären auch für viele andere Bienenarten günstig. In die Fugen der Mauern selbst können zahlreiche bunte Mauerpflanzen gesetzt werden. Für die Mörtelbienen empfehlen sich hier Pflanzen aus der Familie der Lippenblütler, die generell bei Wildbienen beliebt sind. Nicht fehlen sollten hier reichlich Kreuzblütengewächse, auf die sich etliche Wildbienenarten spezialisiert haben, z.B. Blaukissen, das Wachauer Bergsteinkraut oder Schleifenblumen. Ebenfalls nicht vergessen darf man selbstverständlich auf Glockenblumenarten, auch hier gibt es mehrere oligolektische Bienenarten, die sich darüber sehr freuen würden. Am Fuß der Mauern kann man einheimischen Natternkopf und Wegwarte ansiedeln, beide bei Hummeln bzw. Wildbienen sehr beliebt.

Fundort des Mörtelbienen-Männchens und potentieller Mörtelbienen-Neststandort

Schon nach wenigen Jahren hat man die bedrohlich wuchtige Steinmauer mit einer bunten Blumenvielfalt abgemildert, die zahleiche Hymenopterenarten anlocken wird, wenn es auch nicht gerade gleich überall die Mörtelbiene sein muss. Solcherart wäre das Bienensterben dann zumindest lokal passé…

Wolfgang Schweighofer, 30.04.2021