Kuhschellen am Westrand ihres Verbreitungsgebiets

Die Forschungsgemeinschaft LANIUS hat in den letzten Jahren eine Vielzahl an Pflegeeinsätzen mit Vorkommen der Großen Kuhschelle (Pulsatilla grandis) durchgeführt. Eine genaue Datenlage zu der FFH-Anhang II Art gab es für den Randbereich ihres Verbreitungsgebiets in der ausgehenden Wachau und angrenzender Räume nicht. Die Möglichkeit, ein Projekt im Rahmen des „Grand Prix der Biodiversität“ des Naturschutzbundes erfolgreich einzureichen und damit eine Basis-Finanzierung für die Erhebungsarbeiten zu erhalten, kam daher gerade recht.

Das Projektgebiet umfasste den Donauraum am westlichen Ausgang der Wachau, begrenzt auf die Jauerlingabhänge (von der Ruine Hinterhaus bei Spitz donauaufwärts), den angrenzenden Nibelungengau und das untere Pielachtal sowie isolierte Standorte im Jauerling-Hochland und im Erlauf- und Ybbstal. Weiters wurden einzelne bekannte Vorkommen im Traisental und im östlichen Bereich des Dunkelsteinwaldes kontrolliert.

Was haben wir gezählt?

Die Erfassung der Kuhschellen (neben der Großen Kuhschelle wurden auch die Bestände der Schwarzen Kuhschelle, P. nigricans erhoben) begann mit dem ersten Aufblühen der Großen Kuhschelle Mitte Februar 2022. Gezählt wurde die Anzahl der einzelnen Stöcke und die Blüten pro Stock an den einzelnen Vorkommens-Standorten. Als Stock wurde ein kompakter Sprossverbund bezeichnet. Blühende Individuen, die weniger als 8–10 cm voneinander entfernt waren, wurden als ein Stock gezählt. Die Blüten wurden in jeder Form (Knospe, Blüte bzw. verblühter Zustand, auch abgefressene Blütenstängel) gezählt.

Ergebnisse, auf die wir stolz sein können

Im Zuge der Erhebungen wurden insgesamt 22.742 Blüten an 6.141 Stöcken der Großen Kuhschelle und 726 Blüten an 173 Stöcken der Schwarzen Kuhschelle gezählt! Wie zu erwarten war, gibt es auf den Trockenrasen im Donautal zwischen Spitz und Schwallenbach sehr große Vorkommen der Großen Kuhschelle. Einerseits handelt es sich um bestehende Pflegeflächen wie den Trockenrasen bei der Ruine Hinterhaus und den Federgrassteppenhang bei Schwallenbach - letzterer stellt mit 3.823 Blüten die Top-Fläche im Projektgebiet dar. Andererseits gibt es auf einzelnen offenen Steilhängen nördlich der Teufelsmauer Bestände, die in die Hunderte gehen. Auf den LANIUS-Flächen südlich der Teufelsmauer wurde aufgrund der schwierigen Geländeverhältnisse nicht gezählt – nach Schätzungen von N. Sauberer handelt es sich hier ebenfalls um große Bestände mit insgesamt ca. 2.500 Blüten.

Im Raum nördlich und südlich von Aggsbach gibt es Trockenrasen-Steilhänge oberhalb der Eisenbahntrasse mit kleineren Beständen von P. grandis. Überraschend und erfreulich waren die Ergebnisse für die LANIUS-Flächen in Köfering. Hier konnte die Große Kuhschelle an insgesamt sechs Standorten festgestellt werden, wenngleich nur mit geringer Individuenzahl.

Ein weiterer Schwerpunkt der Vorkommen (beider Arten) liegt im Donautal flussauf von Emmersdorf bis Klein-Pöchlarn. Die zumeist kleinen Bestände sind hier einerseits auf den offenen Trockenrasen an der Felskante zur Donau, andererseits auf Böschungen mit Trespen-Halbtrockenrasen zu finden. Größere Vorkommen der Großen Kuhschelle befinden sich an den Steilhängen bei der Ruine Weitenegg (mit mehr als 1.000 Blüten) sowie die größte Population der Schwarzen Kuhschelle im Untersuchungsraum (mit mehr als 200 Blüten). Der westlichste Standort der Großen Kuhschelle im Donautal befindet sich am Rindfleischberg – wobei es sich hier um stark gefährdete Kleinstvorkommen mit sehr wenigen Individuen handelt.

Im Waldviertel ist zuallererst der Bestand der Großen Kuhschelle in Zehentegg zu erwähnen. Auf dem von LANIUS gepachteten Federgrassteppenhang konnte die stolze Zahl von 3.426 Blüten gezählt werden. Mit Vorkommen im nahen Umfeld steigt hier die Zahl sogar auf über 4.000 Stück an. Überraschend große Bestände sind auch von einzelnen Standorten von P. grandis im Jauerling-Hochland zu vermelden, mit Hunderten von Blüten auf sehr kleinen Böschungen.

Die Kuhschellen-Vorkommen im Pielachtal befinden sich im Bereich der Steinwand an den halboffenen Steilhängen und Trockenrasen bzw. an Böschungen im angrenzenden landwirtschaftlich geprägten Raum - mit einzelnen kleinen Beständen beider Arten. Eine große Überraschung bot sich uns bei der genaueren Untersuchung der Trocken- und Halbtrockenrasenböschungen im Gebiet zwischen Pielach und Neubach. Hier konnte eine Population mit insgesamt über 1.000 Stöcken und mehr als 2.000 Blüten festgestellt werden.

Erfreulich war weiters der Fund von einzelnen Individuen beider Kuhschellenarten im Ybbstal bei Kematen, die vermutlich als die westlichsten Vorkommen in Niederösterreich gelten können. Bei der Nachsuche im Erlauftal konnte nur noch ein einzelner Kuhschellen-Stock gefunden werden.

Im Gebiet der östlichen Abhänge des Dunkelsteinerwaldes und im Traisental (Großrust, Heinigstetten, Getzersdorf, Kogelberg etc.) konnte der Großteil der bekannten Vorkommen bestätigt und einzelne kleinere Bestände im Nahbereich neu festgestellt werden. Der westlichste Fundort der Großen Kuhschelle im Traisental dürfte bei Oberradlberg (mit insgesamt mehr als 700 Blüten an zwei Standorten) liegen. Das frühere Vorkommen am östlichen Wagram bei St. Pölten konnte nicht mehr bestätigt werden.

Auffallend war, dass die vitalsten Bestände zumeist auf lückigen Trockenrasen festzustellen waren. Sie zeichnen sich durch eine Vielzahl an jungen Stöcken mit wenigen Blüten pro Stock aus. Die Bestände in den trespendominierten, zumeist nicht gepflegten Halbtrockenrasen sind durch einzelne, aber z. T. enorm blütenreiche, alte Stöcke charakterisiert. Der Rekord liegt hier bei mehr als 70 Blüten pro Stock. Von diesen Beobachtungen kann wohl abgeleitet werden, dass die beste Voraussetzung für einen vitalen Bestand mit großen generativen Vermehrungsraten in der Bereitstellung von offenen Bodenstellen liegt. Andererseits dürften einzelne Individuen auch unter suboptimalen Bedingungen (z.B. in dichten Trespenbeständen mit Streufilz) lange überdauern können.

Wie geht es weiter

Die Bestände der Kuhschellen können sich bei Wiederaufnahme der Pflege durchaus wieder sehr rasch erholen bzw. entwickeln. So sind wir sehr stolz, dass die größten Populationen der Großen Kuhschelle auf jenen Trockenrasen in Zehentegg und Schwallenbach zu finden sind, die LANIUS seit einigen Jahren mittels regelmäßiger Pflegeeinsätze wieder restaurieren konnte.

Neben dem Erhalt der Kuhschellen-Vorkommen können durch entsprechende Pflegemaßnahmen eine Vielzahl an weiteren seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten gefördert werden. So konnte W. Schweighofer beispielsweise besonders seltene Wildbienenarten insbesondere an den Kuhschellen-Standorten feststellen (mehr dazu in eigenen Beiträgen). In diesem Sinne wird LANIUS weiterhin Arbeitsschwerpunkte insbesondere im Bereich der Trockenrasenpflege haben.

Weitere angedachte Aktivitäten zum Schutz der beiden Kuhschellen-Arten sind:

  • Priorisierung der Schutzerfordernisse der einzelnen Standorte
  • Kontaktaufnahme mit EigentümerInnen
  • Information von EigentümerInnen ev. anhand eines Kuhschellen-Steckbriefs
  • Einleitung und Umsetzung von Pflegemaßnahmen und Schutz-Projekten

Weitenegg Felsrasen

Vitaler Bestand In Zehentegg

Verbrachende Böschungen Emmersdorf

Trockenrasen Teufelsmauer

Überdauern im hochwüchsigen Bestand

Reichblütige Stöcke im Trespenbestand

Ölkäfer

Nibelungengau Lichter Eichenwald

Frühblüher in der Steinwand