Die Heidekraut-Sandbiene

Saisonschluss bei den Sandbienen: die Heidekraut-Sandbiene Andrena fuscipes

Als letzte der knapp 150 Sandbienen-Arten in Österreich steigt mit der Blüte des Heidekrauts (Calluna vulgaris) ab August die Heidekraut-Sandbiene ins Fluggeschehen ein. Die Art ist auf das Heidekraut spezialisiert und die Weibchen sammeln nur an diesen Blüten Pollen.

Die Bienen sind recht klein, etwa 8-11mm, und können nur bei gezielter Nachschau an größeren Beständen des Heidekrauts entdeckt werden. Die Männchen erscheinen zuerst und zischen in rasendem Flug durch die Heidekrautfelder, um paarungsbereite Weibchen zu finden. Sie sind nur die ersten Tage bräunlich gefärbt und bleichen dann schnell zu Hellgrau aus.  Zwischendurch machen sie kurze Pausen von 2-3 Sekunden, um Nektar zu saugen, geben also dem Fotografen kaum Chancen.

Fucipes1Heidekraut-Sandbiene, Männchen. St. Oswald, 5.8.2022.

Nach einigen Tagen erscheinen die hübscheren Weibchen mit ihrem orangebraunen Rückenpelz und beginnen mit dem Pollensammeln in den Tiefen der Heidekrautbüsche, womit es dem Fotografen neuerlich nicht gerade leichtgemacht wird, zu guten Ergebnissen zu kommen.

Fucipes2Heidekraut-Sandbiene, Weibchen. St. Oswald, 15.8.2022.

Calluna vulgaris wächst prinzipiell auf sauren Unterlagen und kommt demzufolge hauptsächlich im Mühl- und Waldviertel, auch in der Flysch-Sandsteinzone und in den Zentralalpen vor. Das Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene in Österreich wird als mäßig häufig beschrieben. Dies trifft vermutlich aber nur auf gewisse Gebiete im oberen Waldviertel zu. In weiten Teilen Österreichs und Mitteleuropas fehlt Calluna vulgaris und damit auch Andrena fuscipes. Früher war das Heidekraut im Waldviertel häufig und kam fast flächendeckend vor. Heute sind im südlichen Waldviertel beinahe alle Heidewiesen in ertragreichere Fettwiesen umgewandelt worden und das leuchtende Dunkelrosa der herbstlichen Blüten ist aus dem Landschaftsbild verschwunden.

Nördlich von St. Oswald im Yspertal erkennt man allerdings neben der Straße nach Dorfstetten noch zwei langgezogene, flache Straßenböschungen an Hofzufahrten, die noch die traditionelle Heidevegetation mit Heidekrautteppichen aufweisen. Diese Flächen werden dankenswerterweise von einem Bauern mit dem Motormäher gepflegt. Dort liegt das einzige mir bekannte Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene im südwestlichen Waldviertel. Die meisten Indviduen finde ich allerdings an einer Wegböschung etwas abseits davon, wo ganz begrenzt dichte alte Callunabüsche stehen. Dort stehen den Bienen auch genügend offene Bodenstellen für die Nestanlage zur Verfügung.

Fucipes3Calluna-Böschung bei St. Oswald (Ausschnitt). 15.8.2021.

Erfreulicherweise konnte ich bei meinem letzten Besuch auch die seltene Kuckucksbiene von Andrena fuscipes entdecken. Es handelt sich um die kleine Wespenbiene Nomada rufipes, die sich ebenfalls gerne an Heidekraut zum Nektarsaugen einstellt und dort auf Grund der späten Flugzeit nicht mehr mit ähnlichen Wespenbienenarten verwechselt werden kann.

Fucipes4Wespenbiene Nomada rufipes, Weibchen. 15.8.2022

Zwischen diesen Fundstellen liegt noch eine Wiese mit Gebüschgruppen an eingestreuten Felsblöcken, den sogenannten Findlingen. Dort findet man noch Anzeichen dafür, dass hier die Heidevegetation in früheren Zeiten flächendeckend vorhanden war. Überall blüht die hübsche Heidenelke (Dianthus deltoides) und in den kleinflächigen Magerrasen auf der Südseite der Findlinge entdeckt man ebenfalls Heidekraut und überraschend viele Exemplare des sehr selten gewordenen Kleinen Heidegrashüpfers (Stenobothrus stigmaticus), einer Charakterart der Waldviertler Bürstlingsrasen, die es heute kaum mehr gibt.

Fucipes5Kleiner Heidegrashüpfer, Männchen. St. Oswald, 15.8.2022.

Bleibt nur zu hoffen, dass diese letzten Relikte traditioneller Wiesenbewirtschaftung im südlichen Waldviertel mit ihrer spezialisierten Lebewelt noch möglichst lange überdauern mögen.

Fucipes6Heidekraut-Zwergstrauch an Findlingsfelsen. St. Oswald, 15.8.2022.

 

Wolfgang Schweighofer, 16.8.2022

Die Polierte Sandbiene am Kleinpöchlarner Rindfleischberg

Die Polierte Sandbiene (Andrena polita ) ist eine im Sommer fliegende Bienenart und gehört zu den Seltenheiten der heimischen Bienenfauna und überhaupt in Mitteleuropa.

Diese Andrena besitzt eine ansehnliche Größe und dichte, pelzige, gelbbraune Behaarung. Die schwarzen, glänzenden („polierten“) Hinterleibsringe besitzen hellere Haarbinden und eine kontrastierende orange Endfranse. Mit diesen Merkmalen kann man die Polierte Sandbiene unter ihren etwa 150 heimischen Gattungsgenossen schon einmal ganz gut herausfiltern, zumal im Sommer bereits viel weniger Andrenen unterwegs sind als etwa im Frühling. Dazu kommt aber noch, dass diese Biene ausschließlich an Korbblütengewächsen den Pollen zur Verproviantierung ihrer Brutzellen sammelt, was die Suche nach dieser Bienenart weiter erleichtert.

Ich finde diese Biene schon seit Jahren in geringer Zahl am Kleinpöchlarner Rindfleischberg und dort bisher ausschließlich an der blauen Wegwarte (Cichorium intybus). Die Wegwarte kommt dort eher spärlich an den Wegrändern vor. Dazu kommt, dass diese Wegwartenbestände in alljährlich wechselndem Ausmaß leider immer wieder vor der Blüte abgemäht werden, wobei sich mir oft die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme verschließt.

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Frisches Weibchen von Andrena polita auf Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Gerade heuer wurden fast alle Wegwarten abgemäht. Nur im Ostteil blieben vorerst 2 kleinere Bestände am Rande eines Getreidefelds erhalten. Und dort wurde ich schließlich wieder fündig. Ich konnte immerhin 3 teils sammelnde Weibchen und einige Männchen beim Blütenbesuch an Wegwarte entdecken. Ein Weibchen hatte gelben Blütenstaub gesammelt, musste also zuvor an einem gelben Korbblütler gesammelt haben.

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Weibchen von A. polita hat Pollen auf einem gelben Korbblütler gesammelt und besucht nun Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Männchen von A. polita an blauer Wegwarte. Kleinpöchlarn, 21.6.2022

Die Top-Überraschung aber war, dass ich in den Blüten auch Exemplare des „Kuckucks“ der Polierten Sandbiene fand, nämlich die Wespenbiene Nomada pleurosticta. Die Weibchen dieser Art belauern die Nester von A. polita und schummeln ihre eigenen Eier in die Brutzellen. Häufig kann man die Kuckucksbienen beider Geschlechter an denselben Pollenpflanzen, die die Wirtsbienen nutzen, finden und so dann auch meistens bestimmen. Nomada pleurosticta ist so selten, dass man im Internet kaum Bilder von ihr findet. Lediglich Westrich zeigt gute Bilder beider Geschlechter, was ebenfalls für die Bestimmung hilfreich ist.

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Wespenbiene Nomada pleurosticta, Männchen, Brutparasit bei A. polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada pleurosticta auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Andrena polita am Nest. Kleinpöchlarn, 10.6.2018

Dasselbe glückte mir dann auch noch an einer kleinen ungemähten Böschung mit der Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana. Während hier die Sandbiene standesgemäß auf einer Acker-Witwenblume saß, fand sich der mutmaßliche Kuckuck Nomada armata gleich daneben auf einer Ochsenaugen-Blüte.

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Weibchen von Andrena hattorfiana sammelt Pollen auf Acker-Witwenblume. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada armata, Brutparasit von A. hattorfiana, auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Wenn man Standorte der Wegwarte abseits der Bankette der Hauptstraßen in ökologisch wertigen Gebieten kennt, so kann es sich durchaus auszahlen, dort selbst einmal Nachschau zu halten. Allfällige Funde der Polierten Sandbiene sollten dann dokumentiert und auf den gängigen Internet-Plattformen gemeldet werden.

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Wegwartenbestand mit Vorkommen von Andrena polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Der Rindfleischberg wiederum ist sicher eines der wichtigsten Vorkommen von Andrena polita in Österreich. Die Population könnte aber deutlich gestärkt werden, indem man das Abmähen der wenigen Wegwarten in Zukunft unterbindet.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Besuch auf der Geißklee-Sandbienenwiese in Neubach an der Pielach

Nach längerem unternahm ich am 30. Juni wieder eine Exkursion zum Fundort der Geißklee-Sandbiene Andrena aberrans in Neubach. Inzwischen hatte H. Wiesbauer dort auch die wunderschöne und seltene Pelzbiene Anthophora crinipes fotografiert, und die einsetzende Flockenblumenblüte versprach nun weitere Bienenfunde und ein reiches Insektenvorkommen.

Inzwischen gibt es ja bereits Gespräche mit dem Grundeigentümer hinsichtlich der Optimierung der Wiesenpflege. Und so galt es auch, weitere Daten zu sammeln und passende Pflegerichtlinien zu überlegen.

Bei meinem Eintreffen bemerkte ich sofort üppigen Blütenreichtum. Es dominierten Arten wie die Skabiosen-Flockenblume, die Rispen-Flockenblume und der bei uns ziemlich seltene Esparsetten-Tragant, aber auch viele weitere Arten hatten die Wiese in ein Blütenmeer verwandelt. Freilich war nicht zu übersehen, dass die Wiese schon lange nicht mehr gepflegt worden war und dass bereits zahlreiche junge Bäumchen aufkamen. Bald würde dieses Paradies durch den Gehölzaufwuchs vernichtet werden und viele Arten würden wieder verschwinden.

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Der seltene Esparsetten-Tragant versinkt teilweise bereits im Grasfilz. Neubach, 30.6.2022

Die interessantesten Arten entdeckte ich an den Flockenblumen. Die gut mittelgroße Blattschneiderbiene Megachile pilicrus ist südlichen Ursprungs und in den letzten Jahren von Südosten her massiv in Österreich eingewandert. Nun haben diese schönen Bienen auch unser Gebiet erreicht und ich entdeckte etwa 7 Weibchen beim Blütenbesuch an den genannten Flockenblumen-Arten. Die Art ist spezialisiert auf den Pollenerwerb an den Flockenblumen. Dazu besitzt sie spezielle Haarbürsten an den oberen Hinterbeinen zum Herauskämmen des Pollens, die genau wie die Bauchbürste zum Transport des Pollens leuchtend orangerot gefärbt sind. An diesem Merkmal ist die Art eindeutig von anderen größeren Blattschneiderbienen zu unterscheiden.

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Frisches Weibchen von Megachile pilicrus an Flockenblume. Melk, 26.6.2022

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Rote Haare am oberen linken Hinterbein als Merkmal für Megachile pilicrus. Melk 26.6.2022

Schließlich entdeckte ich an den Rispen-Flockenblumen eine kleine Sensation, nämlich ein weibliches Exemplar der winzigen, aber seltenen Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum beim Pollensammeln. Ich brauchte etwa eine Stunde, um bei leichtem Wind gute Bilder dieser Rarität einfangen zu können. Diese Art kommt nur in den Bundesländern Wien, Burgenland, Niederösterreich, Steiermark und Tirol vor und ist neu für unsere Region.

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Weibchen der Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum. Neubach, 30.6.2022

Neben einigen anderen interessanten Bienen konnte ich noch einige Exemplare des Flockenblumen-Scheckenfalters Melitaea phoebe vorfinden.

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Flockenblumen-Scheckenfalter Melitaea phoebe. Neubach, 30.6.2022

Für die Bienen ist die Wiesenfläche eine Topdestination in unserer Region. Ohne Zweifel ist diese Wiese in Neubach sowohl aus floristischer wie auch aus faunistischer Sicht höchst schutzwürdig und es muss alles darangesetzt werden, den Pflegezustand der Fläche zu optimieren.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Der Schmetterlingshaft an seinem westlichen Vorposten im Donautal

Der Schmetterlingshaft Libelloides macaronius ist traditionell ein Flaggschiff des Naturschutzes. Das ist sicher auf seine ansehnliche Größe, die interessante schwarz-gelbe Färbung, die auffällig langen Fühler mit den stark verdickten Fühlerkolben und die netzartig strukturierten Flügel – er gehört ja innerhalb der Insekten zu den Netzflüglern – zurückzuführen.

Der Schmetterlingshaft kommt hauptsächlich in Naturschutzgebieten der wärmeren, pannonisch getönten Lagen vor; in den großräumig von naturnahen Habitaten befreiten Agrarsteppen, aber auch im kühleren Bergland kann er nicht überleben. Sein Vorkommen ist also nur inselartig über den Osten Österreichs verstreut, wobei auch in Oberösterreich einige verstreute Fundorte existieren.

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Habitat des Östlichen Schmetterlingshafts Libelloides macaronius am Rindfleischberg bei Kleinpöchlarn. 14.6.2022

 

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Habitatdetail, Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Das früher nicht allgemein bekannte Vorkommen am Pöchlarner Rindfleischberg ist mir selbst schon lange bekannt. Je nach Habitatverfügbarkeit fliegt er dort auf selten oder kaum gemähten Trespenbrachen hauptsächlich im Juni. In den letzten Jahren standen diese Habitate wieder verstärkt zur Verfügung und so habe ich mich heuer aufgemacht, um endlich einmal wirklich gute Bilder dieses bei uns sehr seltenen Netzflüglers zu schießen. Dieses Unterfangen ist schwierig, denn bei Sonne fliegen die Tiere ausdauernd und setzen sich kaum ab, wenn aber doch, dann nur für einige Sekunden. Aber nur bei Sonne hat man die kleine Chance, die Tiere mit offenem Flügel fotogen knipsen zu können. Bei Wolkenaufzug klappen sie unmittelbar nach der Landung die Flügel zusammen.

Mein Schlachtplan sah so aus, dass ich mich an einer Stelle einer langgezogenen Trespenbrache postierte, wo relativ starker Flugbetrieb herrschte. Dort versuchte ich fliegende Tiere so lange zu verfolgen, bis ich sie landen sah, was natürlich nur selten gelang. Dann musste ich innerhalb kürzester Zeit zum Landeplatz eilen, vorsichtig die Kamera in Anschlag bringen und dabei hoffen, dass der Schmetterlingshaft nicht wieder durchstartete. Und einmal ist es mir tatsächlich gelungen:

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Östlicher Schmetterlingshaft Libelloides macaronius, Männchen. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Wenn Wolken aufziehen, sind dann nur mehr weitaus weniger spektakuläre Bilder möglich.

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Östlicher Schmetterlingshaft, Männchen, mit zusammengelegten Flügeln. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

 

Jetzt im Juli ist die Flugzeit des Schmetterlingshafts bereits wieder vorbei. Man kann nur hoffen, dass die Tiere im nächsten Jahr wieder ideale Bedingungen vorfinden, um neuerlich am Rindfleischberg ihre Kreise ziehen zu können.

 

Wolfgang Schweighofer, Juni 2022

 

Die Natternkopf-Mauerbiene Osmia adunca und ihr Brutparasit

Bienenhotels liegen heute im Trend und werden sogar in Diskontläden verkauft. Die Bauartqualität dieser Billigprodukte – das sei nebenbei erwähnt – ist praktisch immer „unterirdisch“. Aber auch Eigenanfertigungen entsprechen nur ganz selten wirklich den Bedürfnissen der Bienen und manchmal nisten fast gar keine Bienen in solchen Erzeugnissen.

Der großen Masse der etwa 700 österreichischen Wildbienenarten kann man aber mit solchen „Hotels“ ohnehin nicht helfen. Bezogen werden die Nisthilfen normalerweise zum größten Teil von den 2 großen Mauerbienen-Arten Osmia cornuta und O. bicornis, zwei noch immer häufige Arten, die in Österreich ungefährdet sind. Wenn diese beiden Arten mit ihrem Brutgeschäft fertig sind, glauben viele Nisthilfenbetreiber, dass die Saison gelaufen sei. Meist sind in dem Hotel aber noch einige, etwas kleinere Röhren mit geringerem Durchmesser frei und im Frühsommer startet unbeachtet eine weitere Mauerbienenart ihre Flugzeit: Kaum sind die ersten Blüten des sommerblühenden blauen Natternkopfs (Echium vulgare) offen, kann man dort kleine, dunkle Wildbienen in rasendem Flug beobachten, die den Pollen des Natternkopfs in ihrer Bauchbürste verstauen. Es handelt sich um die Weibchen der Natternkopf-Mauerbiene, die oligolektisch an Natternkopf ist, das heißt, sie sammelt Pollen nur von Pflanzen der Gattung Echium.

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Natternkopf-Mauerbiene Osmia adunca besucht Blüten des Natternkopfs Echium vulgare, 9.6.2018

Hat man in seinem Garten sowohl Natternkopfbestände als auch eine Bienennisthilfe, dann kann man die komplette Brutsaison einer Wildbiene in allen ihren Facetten beobachten.

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Natternkopf ist ein Muss im Garten, wenn man die Natternkopf-Mauerbiene in seiner Nisthilfe beobachten will; 8.6.2022.

Die Männchen sind schon etwas früher geschlüpft und erwarten das Erscheinen der Weibchen. Da der Nektar des Natternkopfs noch nicht verfügbar ist, verköstigen sie sich anderswo, z.B. an den letzten Blüten des Wiesensalbeis. Frische Männchen zeigen eine aparte Färbung mit rostroter Behaarung und kontrastierenden grünen Augen. Bald aber bleichen sie aus, um nach kurzer Zeit ganz zu verschwinden, während die Weibchen noch länger leben und viele Brutzellen mit Pollen befüllen.

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Natternkopf-Mauerbiene Männchen, auf Gartenmauer sonnend, 19.6.2014

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Frisches Natternkopf-Mauerbienenmännchen verköstigt sich in Ermangelung von Natternkopfblüten an den letzten Blüten des Wiesen-Salbeis im Garten, 23.5.2014.

Mein kleines Bienenhotel, das ich vor ein paar Jahren mit Schülern im Werkunterricht gefertigt hatte, ist zur Gänze mit Röhrchen aus Staudenknöterich gefüllt. Den Knöterich holt man sich ab Ende November von einem Flussufer. Die Röhren sind stabil, bieten verschiedene Durchmesser, eine Scheidewand und müssen nur geschnitten und an der Öffnung etwas abgeschliffen werden, damit sich die Bienen nicht ihre Flügel beschädigen. Man kann so Röhren von 2 bis 9mm Durchmesser für die verschiedensten Bienenarten anbieten.

Ab Anfang Juni beginnen die Natternkopf-Mauerbienen-Weibchen mit dem Befüllen der Niströhren. Sie arbeiten dabei äußerst schnell und effizient. Beim Fotografieren sind diese Bienen daher alles andere als einfach, und brauchbare Bilder erfordern viel Geduld.

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Weibchen der Natternkopf-Mauerbiene verlässt eine Niströhre zum nächsten Sammelflug, 6.6.2022.

Bei meinem Hotel kommt jetzt noch eine Besonderheit zum Tragen: Seit Jahren halten sich hier regelmäßig einzelne Vertreter der sehr seltenen Zweizahnbiene Dioxys cincta auf. Dieser Brutparasit wurde in Österreich nur selten beobachtet und als Wirt die Schwarze Mörtelbiene (Megachile parietina) angenommen. Da die Art aber auch an Stellen entdeckt wurde, wo keine Mörtelbienen leben, aber Mauerbienen nisten, dürften wohl letztere der Hauptwirt der Zweizahnbienen sein. Dieser Umstand ist an meinem Bienenhotel gut zu beobachten. Denn fast gleichzeitig mit den Natternkopf-Mauerbienen ist bei meiner Nisthilfe auch heuer wieder ein Weibchen der Zweizahnbiene erschienen.

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Zweizahnbiene Dioxys cincta, Weibchen. 6.6.2022.

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Zweizahnbiene Dioxys cincta, Männchen. 2.6.2018.

Die Weibchen dieser Art haben bei mir das erste Tergit rot gefärbt, während die Männchen sogar 2 rote Tergite haben. Dadurch werden die Tiere an einem Bienenhotel leicht bestimmbar. Sie sind allerdings nur wenige Millimeter groß, also deutlich kleiner als ihr Wirt. Weibchen inspizieren regelmäßig von den Mauerbienen beflogene Niströhren und versuchen, bei passender Gelegenheit ihre Eier in einer Brutzelle der Mauerbiene unterzubringen.

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Weibchen von Dioxys cincta inspiziert eine von Osmia adunca beflogene Niströhre, 6.6.2022.

Die Mauerbienen-Weibchen bauen jedenfalls die Niströhre mit mehreren Brutkammern fertig und mauern schließlich den Röhreneingang zu. Im Inneren entwickeln sich die Mauerbienen des nächsten Jahres oder eben auch die Nachkommen der Zweizahnbiene.

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Weibchen von Osmia adunca mauert den Eingang einer Niströhre in altem Holz zu, 9.6.2018.

Spannend zu beobachten! Man sollte dies öfters an seiner Nisthilfe tun, denn es gibt vieles an Hymenopteren zu entdecken dort bis hin zu den farbenprächtigen Goldwespen. Und man kann, wie in meinem Fall, sogar seltene faunistische Bienenbeobachtungen an so einem „Hotel“ machen.

 

Wolfgang Schweighofer, Juni 2022

Erster Brutversuch einer Steppenmöwe (Larus cachinnans) bei Pöchlarn 

Die Steppenmöwe ist ursprünglich ein Brutvogel der osteuropäischen und vorderasiatischen Steppenlandschaften. Die wichtigsten Brutgebiete liegen in Kasachstan, Südrussland und der Ukraine. Doch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat sich die Art bis ins nördliche Mitteleuropa ausgebreitet und Brutkolonien vor allem in Weißrussland, Polen und auch im Osten Deutschlands etabliert. Zuletzt wurden weite Teile der Tschechischen Republik besiedelt. Im südlicher gelegenen Österreich war die Steppenmöwe bis 2021 noch kein Brutvogel, die Art tauchte vor allem in den Wintermonaten in größeren Trupps an nahrungsreichen Stellen wie etwa Kompostdeponien auf, zog aber spätestens im März wieder in die Brutgebiete ab.

Lanius hat eine Kooperation mit dem Betonwerk Lasselsberger in Wörth bei Pöchlarn eingegangen, wobei es darum geht, die dortigen Baggerteiche und ihre Umgebung ökologisch zu optimieren. Die Ergebnisse sollen dokumentiert, sprich fotografiert werden. Um größere Greife wie den Seeadler fotografieren zu können, wurden vor den Fotoverstecken Köder ausgelegt. Während es heuer nicht gelang, einen Seeadler anzulocken, kamen speziell im Spätwinter immer mehr Großmöwen vorbei, um sich hier zu bedienen. Die Trupps bestanden überwiegend aus Steppenmöwen. Ansässige Konkurrenz fanden sie vor allem in dem hier seit 3 Jahren brütenden Mittelmeermöwenpaar vor. Beide Vögel sind beringt und stammen von der bayrischen Donau.

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Ansässiges Mittelmeermöwenpaar in Wörth. Beide Vögel stammen von der bayrischen Donau und sind beringt. Links das farbberingte Weibchen, 4.4.2022

Gegen Winterende zeigten einzelne verpaarte Steppenmöwen Balzverhalten, doch waren diese Vögel nach wenigen Tagen weitergezogen.

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Balzendes Steppenmöwenpaar in Wörth, 27.2.2022

Interessant war hingegen ein Mischpaar, bestehend aus einem Steppenmöwen-Männchen im 4. Kalenderjahr und einem adulten Mittelmeermöwen-Weibchen. Dieses Paar verblieb einige Monate und zeigte immer wieder intensives Balzverhalten. Letztlich brütete aber auch dieses Paar nicht, während das Mittelmeermöwenpaar wie gewohnt auf einem der beiden Brutflöße im April eine Brut begann.

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Mischpaar K4 Steppenmöwe Männchen (links) mit adulter Mittelmeermöwe Weibchen balzend, 14.4.2022

Nun wurde es aber spannend. Das Männchen, Jahrgang 2017, war offensichtlich nicht ausgelastet und begann eine Liaison mit einer adulten Steppenmöwendame. Wie meine Bilder im Nachhinein zeigten, war dieser Vogel bereits seit mindestens 9. Februar im Gebiet anwesend und an seiner für Steppenmöwe ausgesprochen hellen Iris mit darin enthaltenen einzelnen großen, dunklen Sprenkeln gut erkennbar. Aus dem Fotohide konnte ich feststellen, dass die beiden Vögel immer wieder verpaart an der Futterstelle erschienen, während das Männchen andererseits seine ursprüngliche Partnerin auch am Nest ablöste, damit diese ebenfalls ans Futter fliegen konnte.

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Das später brütende Steppenmöwen-Weibchen gemeinsam mit dem beringten Mittelmeermöwen-Männchen am Futter, 25.4.2022.

Schließlich hatte ich Glück und konnte am 24. April von der Straße aus beobachten, wie die beiden Vögel zusammen auf einer Insel in dem benachbarten großen Schotterteich Nistmaterial aufsammelten und zu einem mutmaßlichen Nistplatz transportierten! Das Mittelmeermöwen-Männchen setzte sich auch wiederholt kurzfristig ins Nest, um dem Weibchen zu zeigen, was zu tun wäre. Nach einigen Tagen war es soweit: Das Weibchen saß nun fix im Nest und hatte offenbar zu brüten begonnen!

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Steppenmöwen-Weibchen „on nest“. Wörth, 7.5.2022

Allerdings machte eben dieses Dreiecksverhältnis gewisse Sorgen. Das Weibchen am Floß wurde weiterhin abgelöst, nie sah man die beiden Mittelmeermöwen gemeinsam am Futter. Hingegen erschienen das Männchen und die Steppenmöwe immer wieder zur selben Zeit an der Futterstelle. Es zeigte sich, dass sich das Männchen um die 2. Brut nicht kümmerte.

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Mittelmeermöwen-Männchen mit dem Ring Radolfzell JS01660 in 2 Partnerschaften mit je einer Mittelmeer- und einer Steppenmöwe in der Brutsaison 2022. Wörth, 9.5.2022

Somit musste das Weibchen das Nest zur Nahrungsaufnahme immer wieder längere Zeit verlassen. Nach etwa 2 Wochen trat am 16. Mai das worst case-Szenario ein. Schon am Morgen sah ich das Weibchen lustlos unterhalb des Nistplatzes am Teichufer stehen, wo es den ganzen Tag verblieb – die Brut war leider gescheitert. Seither waren das Weibchen und ein zusätzliches dunkeläugiges adultes Steppenmöwen-Weibchen aber weiterhin durchgehend im Gebiet anwesend.

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Das erfolglose Steppenmöwen-Weibchen ist weiterhin in Wörth anwesend, 5.6.2022.

Die Zusammensetzung des Möwentrupps hat sich inzwischen nachhaltig verändert. Es dominieren jetzt Mittelmeermöwen, die von der Adria zugezogen sein dürften. Eine dieser Möwen trug einen Metallring der slowenischen Vogelwarte mit der Ringnummer Ljubljana VM0048. Es stellte sich heraus, dass sie im Vorjahr im Stadtzentrum von Maribor als Nestling beringt worden war. Es sind jedoch auch weiterhin mehrere Steppenmöwen anwesend, darunter 2 vorjährige beringte aus Tschechien. Insgesamt konnten von Dezember bis ins Frühjahr 23 verschiedene Steppenmöwenringe aus Tschechien, Polen, Deutschland und der Slowakei abgelesen werden.

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Die K4-Steppenmöwe mit dem gelben Farbring XKEA ist eine von 23 abgelesenen Steppenmöwen-Ringträgerinnen in Wörth. Beringt 2019 in Ostdeutschland, kann sie je eine Ablesung aus Frankreich und Holland vorweisen. In Wörth hielt sie sich nur etwa 5 Minuten auf; 28.3.2022.

Parallel zu dem Ansiedlungsversuch in Wörth hatte es beim Kraftwerk Ottensheim-Wilhering in Oberösterreich die Etablierung einer kleinen Großmöwenkolonie gegeben, wobei auch ein reines Steppenmöwenpaar brütete, dieses allerdings am Ende auch ohne Bruterfolg (Quelle: ornitho.at). Damit haben 2022 jedenfalls die ersten Steppenmöwenbruten in Österreich stattgefunden, wenn auch ohne Erfolg bei uns in Wörth.

Weitere hoffentlich erfolgreiche Brutversuche der Steppenmöwe sind in den nächsten Jahren aber durchaus zu erwarten.

 

Wolfgang Schweighofer, Juni 2022

 

Die Geißklee-Sandbiene – ein Wildbienen-Kleinod in Neubach a.d. Pielach

Die Geißklee-Sandbiene (Andrena aberrans) besitzt eine lückenhafte Verbreitung, die von einem kleinflächigen Areal in Zentralbayern bis weit nach Ukraine und Kasachstan reicht. Doch nirgends ist die Art häufig. In Bayern sind die wenigen Vorkommen inzwischen deutlich geschrumpft und die Art akut vom Aussterben bedroht, und in Österreich dürfte es nur ganz wenige lebende Personen geben, die diese Biene überhaupt je gesehen haben. Das Internet gibt nur wenige Informationen und kaum Bilder her.

Soweit die Ausgangsposition. Immerhin fand ich heraus, dass diese Biene zu den oligolektischen Arten zählt und in Mitteleuropa nur den Regensburger Geißklee (Chamaecytisus ratisbonensis) zum Pollensammeln nutzt, in Südtirol auch den Purpur-Geißklee (Ch. purpureus). Die Art ist relativ groß und besitzt auf dem schwarzen Hinterleib kontrastierende weiße Haarbinden sowie eine orange Endfranse.

Zuerst galt es herauszufinden, was von den Vorkommen des Regensburger Geißklees, die ich vor über 25 Jahren kartiert hatte, heute noch übriggeblieben ist. Tatsächlich fanden sich vor allem im Raum Emmersdorf, in Schönbühel und eben im Raum Pielach bis Neubach noch einige Restvorkommen. Der Geißklee ist eine Saumpflanze, die nicht gerne abgemäht werden will. Demzufolge kommt sie in verbrachten Wiesen vor. Oft aber entwickeln sich solche Standorte mit der Zeit zu Gehölzbeständen, in denen der Geißklee beschattet und verdrängt wird und schließlich verschwindet. So verschwinden auch die zugehörigen Sandbienen.

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Regensburger Geißklee (Chamaecytisus ratisbonensis) am Spitzer Setzberg, 29.4.2022

 

Das meistversprechende Geißklee-Vorkommen stellte ich auf einer verbrachten Wiese unmittelbar vor Neubach fest. Dort waren vor 15 Jahren noch zahlreiche Schwarzfleckige Grashüpfer (Stenobothrus nigromaculatus) umhergesprungen, die es kurzrasig wollen. Nun aber ist dort seit Jahren nicht mehr gemäht worden und die empfindlichen, seltenen Grashüpfer sind weg. Aber der Geißklee war im zentralen Teil noch vorhanden, dicht eingehüllt von alten Grasblättern und aufkommenden Jungbäumen.

Tatsächlich gelang es mir schon am 21. April, ein frisches Sandbienenweibchen zu fotografieren, das auf Geißklee Pollen sammelte. Die Beschreibung für Andrena aberrans stimmte mit meinen Bildern überein, doch gibt es einige sehr ähnliche verwandte Arten, die ebenfalls Schmetterlingsblütler besuchen und auch auf Geißklee auftreten könnten. Diese mussten also ausgeschlossen werden. Der bekannte Bienenkundler und Buchautor Heinz Wiesbauer, dem die Art ebenfalls noch fehlte, zeigte nun ebenfalls Interesse, und gemeinsam starteten wir am 29. April eine Exkursion zunächst nach Neubach. Bei endlich perfektem Bienenwetter konnten wir neben vielen Langhornbienen-Männchen diesmal sogar 2 Sandbienen-Weibchen an Geißklee sichten und fotografieren. Es handelte sich schlussendlich eindeutig um die gesuchte, seltene Art!

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Geißklee-Sandbiene (Andrena aberrans) bei Neubach an der Pielach, 29.4.2022

 

Von diesem Erfolg angetrieben, fuhren wir noch in die Wachau zum Spitzer Setzberg, wo wir im oberen Bereich nun ebenfalls einige schöne Geißkleebüsche sahen, auf denen sich zu unserer Freude wiederum etliche Weibchen der Geißklee-Sandbiene fanden. Am Setzberg sieht die Situation insgesamt nicht schlecht aus, es gibt aber auch dort nicht allzu viel Geißklee, und der dürfte in Zukunft tunlichst nicht abgemäht werden.

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Geißklee-Sandbiene (Andrena aberrans) beim Pollensammeln an Regensburger Geißklee (Chamaecytisus ratisbonensis) am Spitzer Setzberg, 29.4.2022

 

Schlecht sieht es allerdings am Vorposten in Neubach aus. Dort wären dringendst Pflegemaßnahmen in dem Wiesengelände durchzuführen. Die Steppenart Schwarzfleckiger Grashüpfer hat hier bereits die Segel streichen müssen. Auch die einzigen verbliebenen Bestände der Duft-Skabiose (Scabiosa canescens) im Bezirk Melk sind in akuter Gefahr.

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Duft-Skabiose (Scabiosa canescens), Neubach an der Pielach, 25.8.2021

 

Wie der Linien-Erdbock (Dorcadion pedestre), den wir bei der gemeinsamen Exkursion fanden, mit der Situation umgeht, wissen wir nicht. Er lebt hier an der äußersten Westgrenze seines ostösterreichischen Areals. Aber es sprießen überall junge Gehölze in den dicht verfilzten Wiesenbereichen. Sollen die seltenen, dort noch lebenden Arten erhalten werden, muss möglichst rasch ein Pflegekonzept für diese wertvollen Habitate realisiert werden.

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Linien-Erdbock (Dorcadion pedestre), Neubach an der Pielach, 29.4.2022

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Mai-Langhornbiene ♂ (Eucera nigrescens), Neubach an der Pielach, 28.4.2022

 

Erfreulich ist jedenfalls, dass nun zwei aktuell bestätigte Fundpunkte der faunistisch hochinteressanten Geißklee-Sandbiene im Arbeitsgebiet von Lanius liegen, was allerdings auch die Verantwortlichkeit für einen Naturschutzverein deutlich erhöht.

 

Wolfgang Schweighofer, 2.5.2022

Unbemerkte Artenvielfalt am Tachberg bei Emmersdorf an der Donau

Das Frühlingserwachen bei den Wildbienen hat schon längst eingesetzt. Der zeitige Frühling ist die Flugzeit vieler Sandbienen-Arten. Eine davon ist z.B. die winzige Rote Fingerkraut-Sandbiene (Andrena potentillae), der ich schon letztes Jahr einen Beitrag gewidmet habe. Inzwischen konnte ich im Nibelungengau nördlich der Donau bereits 5 Vorkommen dieser sehr gefährdeten, auf Frühlingsfingerkraut spezialisierten Biene entdecken. Entwarnung kann aber keinesfalls gegeben werden. Denn das letztjährige Hauptvorkommen am Henzing präsentierte sich heuer vollkommen mit Gülle übergossen, sodass nur mehr ganz wenige Individuen beobachtet werden konnten.

Eines der neuen Vorkommen befindet sich an einer kleinen, wenig auffälligen Wiesenböschung am Tachberg nordwestlich von Emmersdorf. 99 Prozent derartiger Böschungen sind heutzutage verbracht und verfilzt, sodass kaum blühende Pflanzen und Insekten dort gefunden werden können. Dank dieses einen Bewirtschafters aber ist hier ein Mikrokosmos erhalten geblieben, wo noch Kuhschellen, Frühlingsfingerkraut, Hufeisenklee und zahlreiche Wildbienen-Arten einen Lebensraum finden. Es wimmelt nur so von den „Vulkanen“ der 6-Jahres-Schmalbiene Lasioglossum marginatum. Hier entdeckte ich aber nicht mehr als 2 Exemplare der Roten Fingerkraut-Sandbiene an den Blüten des Fingerkrauts.

1 Fingerkraut Sandbiene

Weibchen der Roten Fingerkraut-Sandbiene am Tachberg bei Emmersdorf. 25.3.2022.

 

Oben am Waldrand gibt es eine weitere sandige Böschung, wo ich am 25.3.2022 einen individuenreichen Nistplatz der Großen Weiden-Sandbiene (Andrena vaga) entdecken konnte. Diese große, weit verbreitete Sandbiene fliegt zeitig im Frühling, wenn die Weidenkätzchen blühen. Sie sammelt nur Pollen dieser Sträucher. Dank ihres glänzend schwarzen Abdomens und des silbriggrauen Thorax-Pelzes ist die eindrucksvolle Art mit ihrer Größe unverkennbar. Zahlreiche dieser Bienen schwärmten im Bereich weniger Quadratmeter über lückiger Vegetation auf sandigem Boden. Die frischen Weibchen inspizierten bereits die Nistmöglichkeiten auf diesem Areal. Die Fortpflanzungsaktivitäten wurden dann aber durch einen Spätwintereinbruch unterbrochen.

2 Weiden Sandbiene

Frisches Weibchen der Großen Weiden-Sandbiene am Nistplatz. 25.3.2022

 

Als ich am 13. April diese Stelle wiederum aufsuchte, fand ich zu meiner Überraschung noch immer Weibchen von A. vaga, die mit gelbem Pollen beladen vom Sammelflug zurückkehrten und sich in den lockeren Sand einbuddelten, um ihre darin verborgenen Nester zu erreichen. Man hatte eigentlich das Gefühl, dass sämtliche Weiden bereits längst verblüht wären, aber diese Bienen wussten anscheinend noch Standorte, wo sie den gewünschten Pollen ernten konnten.

3 Vaga

Vom Sammelflug mit Weidenpollen zurückgekehrtes Weibchen von Andrena vaga. 13.4.2022

 

Aber wesentlich auffälliger als die verbliebenen Weiden-Sandbienen waren an dem Platz nun schwärmende Wespenbienen der Gattung Nomada. Praktisch jede der zahlreichen Sandbienen-Arten hat ihren speziellen „Kuckuck“, dessen Weibchen versuchen, ihre Eier in den Nestern der Wirts-Bienen unterzubringen, natürlich auf Kosten der Nachkommenschaft des Wirtes. Im Fall von A. vaga ist das Nomada lathburiana.

4 Kuckucksbiene

Kuckucksbiene Nomada lathburiana gräbt sich auf der Suche nach Nestern von A. vaga im Sand ein. 13.4.2022.

 

Diese Kuckucksbienen konnte ich in enormer Zahl am Nistplatz von A. vaga beobachten und auch bestimmen. Denn die Nomada-Arten sehen sich z.T. sehr ähnlich und sind nur über ihren Wirt zu bestimmen. Die Kuckucksbienen haben ebenfalls im lockeren Sand gegraben, um die Nester von A. vaga zu finden. Natürlich werden am Ende nicht alle gefunden, Wirt und Parasit halten sich in etwa die Waage, sodass man im nächsten Jahr wieder beide wird fliegen sehen. Vorausgesetzt natürlich, der Bewirtschafter trifft auch in Zukunft die Maßnahmen so, dass Kuhschellen, Frühlingsfingerkraut und Bienen weiterhin hier ihre Lebenszyklen ablaufen lassen können. Am Henzing-Südwesthang war das leider heuer nicht mehr der Fall.

5 Emmersdorf

Unauffällige, kleine, aber gemähte Wiesenböschung als Zentrum der Artenvielfalt am Tachberg bei Emmersdorf. 13.4.2022.

6 Fingerkraut

Gemähte Wiesenböschung mit reichlich Fingerkraut und Hufeisenklee bietet reichlich Nistmöglichkeiten für Sand- und Schmalbienen. 13.4.2022.