Die Esparsetten-Sägehornbiene – spektakulärer Bienen-Neufund im westlichen Niederösterreich!

Die Esparsetten-Sägehornbiene Melitta dimidiata hat ein riesiges Verbreitungsgebiet, das sich schwerpunktmäßig von Südeuropa ostwärts durch ganz Asien bis zur Pazifikküste erstreckt. In Mitteleuropa zählt sie aber zu den besonderen Raritäten. In Deutschland konnte sie an ihren wenigen bayrischen Fundorten nach 1990 nicht mehr nachgewiesen werden. In der Schweiz besiedelt sie aktuell noch das Rhonetal im Wallis und in Österreich kommt sie fast nur in hochrangigen Schutzgebieten im pannonischen Osten vor. In Niederösterreich etwa liegen laut Literatur Nachweise vom Bisamberg, vom Eichkogel bei Mödling und von den Fischawiesen vor.

Männchen der Esparsetten-Sägehornbiene rastet auf einem Blütenstand der Sand-Esparsette. Melk, 17.06.2023

Männchen der Esparsetten-Sägehornbiene rastet auf einem Blütenstand der Sand-Esparsette. Melk, 17.06.2023

Die 6 österreichischen Sägehornbienen-Arten sind mittelgroße Bienen, deren Männchen relativ lange Fühler mit sägeartig erweiterten Fühlergliedern besitzen. Weibchen zeigen mehr oder weniger breite, helle Haarbinden am mehr oder weniger dunklen Hinterleib und transportieren mit Nektar vermischte Pollenladungen, was sie von ähnlichen Gattungen unterscheidet. Alle heimischen Arten sind oligolektisch, das heißt, sie sammeln Pollen nur von wenigen bestimmten Pflanzenarten einer Pflanzenfamilie oder gar nur einer Gattung. So sammelt die Esparsetten-Sägehornbiene nur an Esparsetten-Pflanzen. Neben der Gewöhnlichen Esparsette (Onobrychis viciifolia) kommt vor allem die gefährdete Sand-Esparsette (Onobrychis arenaria) dafür in Frage. Gerade in Niederösterreich wurde diese Bienenart bisher nur an Stellen mit Vorkommen der Sand-Esparsette gefunden.

Männchen der Esparsetten-Sägehornbiene auf Blüten der Sand-Esparsette. Studioaufnahme, 17.06.2023

Männchen der Esparsetten-Sägehornbiene auf Blüten der Sand-Esparsette. Studioaufnahme, 17.06.2023

Allerdings kommt diese insgesamt seltene Esparsetten-Art in unserer Region von Natur aus eigentlich gar nicht vor. Beim Betriebsgelände Gradwohl in Melk wurde jedoch das gesamte Firmenareal mit überwiegend pannonischem Samenmaterial auf sandigem Untergrund angesät. An einer Stelle eines Beckendammes befinden sich auch kleinflächige, aber dichte Bestände der Sand-Esparsette. Am 17. Juni beschloss ich, die gerade frisch erblühten Esparsettenbestände auf Wildbienen zu kontrollieren. Es dauerte nicht lange, da fielen mir neben den zahlreichen großen Honigbienen schon verdächtige kleinere Wildbienen-Männchen mit weißer Gesichtsbehaarung auf, die mit rasender Geschwindigkeit die Esparsettenbestände flächenscharf abpatrouillierten. Das war schon einmal sehr verdächtig, das kannte ich in ähnlicher Form doch bereits von den Zahntrost-Sägehornbienen (Melitta tricincta), die ebenfalls bei Gradwohl vorkommen, aber erst ab August! Da ich kein Insektennetz mithatte, musste ein Foto her, was sich aber als fast unmöglich erwies. Kühlende Wolken kamen mir zum Glück zu Hilfe, da brauchten die flinken Männchen mehr Energie und mussten sich auf den Esparsettenblüten niederlassen, um Nektar zu schlürfen. So gelangen einmal erste Belegbilder. Später konnte ich ein Männchen mit der Hand fangen und nach Kühlung zu Hause ordentlich fotografieren. Erst bei weiteren Besuchen ein paar Tage später konnte ich nach stundenlangem Beobachten endlich einzelne Weibchen beim Pollensammeln entdecken und fotografieren.

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Weibchen der Esparsetten-Sägehornbiene beim Blütenbesuch an Sandesparsette. Melk, 25.06.2023

Weibchen der Esparsetten-Sägehornbiene beim Blütenbesuch an Sandesparsette. Melk, 25.06.2023

Da diese Sägehornbienen streng an die Sand-Esparsette gebunden waren, war eigentlich klar, dass es sich um die extrem seltene Esparsetten-Sägehornbiene handeln musste. Dennoch war erst mit den gemachten Bildern eine exakte Bestimmung auf Artniveau möglich. Wie unterscheidet sich nun Melitta dimidiata von ihren Verwandten? Schon die frühe Flugzeit und das engräumige Patrouillieren im Bereich der Pollenpflanzen gibt einen klaren Hinweis. Männchen fallen durch ihr weißes Gesicht bereits im Flug auf. Weiters sind sie im Vergleich zu den anderen Arten recht langhaarig, wobei die Färbung bei frischen Tieren auf Mesosoma und den ersten 3 Hinterleibstergiten ein auffallendes Gelbbraun ist, während die hinteren Tergite überwiegend schwarz behaart sind.  Die Tiere bleichen allerdings schnell aus und werden nach wenigen Tagen hellgrau, das Schwarz am Hinterleibsende bleibt aber erhalten. Weiters haben die Männchen der Esparsetten-Sägehornbiene als einzige heimische Melitta-Art Fühler mit kaum erweiterten Fühlergliedern, der Sägehorneffekt entfällt hier also.

Weibchen der Luzerne-Sägehornbiene als Verwechslungsart beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Man beachte unterschiedliche Färbung aber ebenfalls mit Nektar gemischten Pollen an den Hinterbeinen. Melk, 25.06.2023

Weibchen der Luzerne-Sägehornbiene als Verwechslungsart beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Man beachte unterschiedliche Färbung aber ebenfalls mit Nektar gemischten Pollen an den Hinterbeinen. Melk, 25.06.2023

Die Weibchen kann man an Hand ihrer gelbbraunen Gesamtfärbung mit einer dunkeln Mittelzone auf der Oberseite des Brustabschnitts und relativ schmalen hellen Tergitbinden auf den Tergiten 2-4 erkennen. Tergit 1 ist komplett gelbbraun behaart und ohne Endbinde. Eine Verwechslung mit anderen Melitta-Arten, insbesondere mit der weit verbreiteten Luzerne-Sägehornbiene (Melitta leporina), die auch öfters in einem Esparsettenbestand auftauchen kann, ist somit im Prinzip ausgeschlossen. Diese hätte eine insgesamt hellere orangebraune Gesamtfärbung mit breiten Hinterleibsbinden, die Männchen hätten Sägehornfühler, kein weißes Gesicht und keinen farbmäßig zweigeteilten Hinterleib mit auffälligen hellen Tergitendbinden.

Männchen der Luzerne-Sägehornbiene beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Man beachte Sägehornfühler, orangebraune Färbung und helle Hinterleibsbinden. Melk, 25.06.2023

Männchen der Luzerne-Sägehornbiene beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Man beachte Sägehornfühler, orangebraune Färbung und helle Hinterleibsbinden. Melk, 25.06.2023

Nach bisherigem Befund ist die Population in Melk sehr klein, wobei aber das heuer in der Region sehr schlechte Wildbienenjahr zu berücksichtigen ist. Es verwundert, dass die Bienen den entlegenen kleinflächigen Bestand der Sand-Esparsette überhaupt gefunden haben. Ich selbst konnte diese Biene nur dank gezielter Suche nachweisen. Besonders Weibchen sind nur sehr spärlich aufzufinden. Diese muss man zwischen zahlreichen Honigbienen, aber auch anderen esparsettenbesuchenden Wildbienen wie der Luzerne-Sägehornbiene, diversen Sandbienen, Goldenen Langhornbienen, Blattschneiderbienen und anderen erst herausfiltern. Sogar die bei uns äußerst seltene und nur im Gradwohl-Gelände nachgewiesene Große Filzfurchenbiene konnte an den Esparsettenblüten gefunden werden.

Weibchen der Goldenen Langhornbiene beim Blütenbesuch an Kicher-Tragant im unmittelbaren Bereich des Esparsetten-Bestands. Melk, 25.06.2023

Weibchen der Goldenen Langhornbiene beim Blütenbesuch an Kicher-Tragant im unmittelbaren Bereich des Esparsetten-Bestands. Melk, 25.06.2023

Diese wirklich generell äußerst rare Bienenart ist eine echte Sensation, reiht sich aber beim Firmengelände Gradwohl in eine ganze Reihe außergewöhnlicher Bienenfunde ein. Bisher konnten dort neben anderen interessanten Arten teils äußerst seltene Arten oder Arten, die sonst nur im Pannonikum vorkommen, gefunden werden, wie etwa die Goldene Langhornbiene (Eucera pollinosa), die Malven-Langhornbiene (Eucera macroglossa), die Stängel-Blattschneiderbiene (Megachile genalis), die Zahntrost-Sägehornbiene (Melitta tricincta), die Große Filzfurchenbiene (Halictus pollinosus) oder die Schmallappige Schienenbiene (Pseudapis diversipes).

Weibchen der Großen Filzfurchenbiene beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Melk, 25.06.2023

Weibchen der Großen Filzfurchenbiene beim Blütenbesuch an Sand-Esparsette. Melk, 25.06.2023

Diese Tatsache beweist jedenfalls, dass man den Bienen und überhaupt der gesamten Biodiversität mit geeigneten Maßnahmen ganz gut auf die Sprünge helfen kann. Der Erfolg bei der Firma Gradwohl, was Förderung der Biodiversität betrifft, sei hiermit zur Nachahmung empfohlen!

Lebensraum der Esparsetten-Sägehornbiene in Melk mit dichtem Bestand der Sand-Esparsette. 25.06.2023

Lebensraum der Esparsetten-Sägehornbiene in Melk mit dichtem Bestand der Sand-Esparsette. 25.06.2023

 

Wolfgang Schweighofer, 25.06.2023

 

Stellungnahmen zu Entnahme-Verordnungen (ÖKOBÜRO)

Zunehmend mehr österreichische Bundesländer erlassen Verordnungen, die die Entnahme von streng geschützten Tierarten, wie Wölfe, Fischotter und Biber, regeln. Zuletzt hat Niederösterreich sowohl die NÖ Fischotter-Verordnung als auch die NÖ Biber-Verordnung um weitere Entnahmeperioden verlängert. In Oberösterreich ist zudem eine Wolfsmanagementverordnung in Kraft getreten. Diese Verordnungen verstoßen nicht nur gegen das geltende Unions- und Völkerrecht, sondern sind auch aus rechtsstaatlicher Sicht problematisch. Gemeinsam mit dem WWF Österreich hat ÖKOBÜRO eine Reihe von Stellungnahmen zu den einzelnen Verordnungen an die Behörden geschickt.

https://oekobuero.at/de/news/2023/06/stellungnahmen-zu-entnahme-verordnungen/

LANIUS-Leuchtnacht auf der Neubacher Leit´n

Es gibt mehr als 3000 Schmetterlingsarten in Niederösterreich – unglaublich! Ein guter Teil dieser Artenvielfalt lebt jedoch wenig beachtet, da es sich um sogenannte „Kleinschmetterlinge“ handelt, die noch dazu häufig nachtaktiv sind.

Kl Weinschwärmer (C)PatrickBecede

Kleiner Weinschwärmer (Foto: Becede)

LANIUS veranstaltete in der Nacht des 19. Mai eine „Leuchtnacht“ am Rande der Ortschaft Pielach. Dabei wurden unter der fachlichen Leitung von Wolfgang Stark fünf Leuchttürme aus feinem Gewebe und Lampen mit Schwarzlichtanteil aufgestellt, um nachtaktive Schmetterlinge anzulocken. Die Neubacher Leit´n wurde bewusst als Standort ausgewählt, da auf dieser südexponierten Hangwiese, die einige Jahre brach gelegen hatte, bereits einige Besonderheiten aus der Tier- und Pflanzenwelt entdeckt wurden: Kuhschellen, Orchideen, der Regensburger Geißklee, und die darauf angepasste Geißklee-Sandbiene streichen den Wert dieser artenreichen Wiese hervor. Seit vergangenem Jahr pflegt LANIUS mit dem Einverständnis des Grundeigentümers die Fläche durch Arbeitseinsätze, um die Bedingungen für seltene Pflanzen und Tiere zu erhalten und verbessern.

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Großes Nachtpfauenauge (Foto: Becede)

Die Leuchtnacht brachte dann auch den Wert der Wiese für Schmetterlinge förmlich „ans Licht“! Dier Erwartungen des Experten Wolfgang Stark wurden mit über 100 Schmetterlingsarten noch übertroffen! Dabei konnten bei Weitem nicht alle Arten sofort bestimmt werden. Dazu ist häufig Nacharbeit mit Hilfe von Bestimmungsbüchern nötig, und weitere Expertinnen oder Experten müssen hinzugezogen werden. Bei manchen Vertretern ist es jedoch nicht so schwierig:  gleich drei männliche Exemplare des prächtigen Großen (oder Wiener) Nachtpfauenauges ließen sich auf oder in der Nähe der Türme nieder! Auf der Suche nach Weibchen folgen sie einer kilometerlangen Duftspur, die selbst für modernste analytische Geräte kaum aufspürbar wäre.

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Seladoneule

 

Auch der Kleine Weinschwärmer ist mit seinen grün-braunen und rosa Farbtönen eine Augenweide. Aber auch kleinere Schmetterlinge aus den Familien der Spanner und Eulen offenbaren bei näherem Hinsehen faszinierende Muster, Formen und Farben.

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Dabei wurden nicht immer nur Schmetterlinge angelockt: auch die eine oder andere Spinne nutzte den gedeckten Tisch, um sich zu einer nächtlichen Mahlzeit zu verhelfen!

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Silberfleck Zahnspinner

Die Leuchtnacht war dank des etwas trockeneren Wetters für LANIUS und seine Gäste eine sehr stimmungsvolle und aufregende Art, die Vielfalt der nachtaktiven Schmetterlinge kennen zu lernen und zu erforschen, und auch nächstes Jahr soll es wieder eine geben.

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Rosen Eulenspinner

Fotos: © LANIUS bzw. Patrick Becede

Volksbegehren für ein Bundesjagdgesetz

Bitte um Unterstützung! Wir bitten um Weiterleitung und Verbreitung dieser Information. Es besteht ein großer und konkreter Änderungsbedarf!

Siehe: http://bundesjagdgesetz.at/index.php

Das Thema geht alle Österreicherinnen und Österreicher etwas an und erfordert daher diese Initiative! Natürlich, es geht auch vor allem alle Jägerinnen und Jäger, Forstfachleute, Natur- und Tierschützerinnen und Tierschützer, etc. etwas an, die z. B.  das Wort „weidgerecht“ (etc., etc.) ernst nehmen wollen. Sie alle sind hiermit aufgerufen, dieses Volksbegehren kräftig zu unterstützen.

Die Heuschrecken-Sandwespe

Die Grabwespen sind eine ökologisch spannende Gruppe innerhalb der Hautflügler (Hymenopteren) und in Österreich mit über 200 Arten vertreten.

Die größte und eindrucksvollste dieser Arten ist Sphex funerarius. Sie wird fast 3 cm groß, hat einen schwärzlichgrauen, kurz behaarten Kopf- und Throaxbereich und einen kurz gestielten Hinterleib, der vorne leuchtend orange und an der Abdomenspitze schwarz gefärbt ist. Die Beine sind recht lang und schwarz mit teilweise rotorangen Zeichnungen. Dieses Tier fällt auf Grund seiner Größe in einem blüten- und insektenreichen Gelände sofort auf. Einmal aufgescheucht, entfernt sich das Tier großräumig und in blitzschnellem Flug. Bei Sonnenschein hat man dadurch den Kampf um ein brauchbares Foto augenblicklich verloren. Bessere Möglichkeiten hat man, wenn die Sonne gerade hinter Wolken verschwunden ist und es etwas kühler wurde. Da kann man den Sphex unter Umständen bis zur nächsten Landung verfolgen und sich dann vorsichtig anpirschen.

In der ersten österreichweiten Roten Liste der Tierarten aus 1994 hat der österreichweit führende Grabwespenspezialist Hermann Dollfuß – übrigens im Arbeitsgebiet von Lanius ansässig – diese Art als Kategorie 0, also ausgestorben, gelistet. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt nämlich im warmen Südeuropa und weiter ostwärts. In den letzten Jahren hat sich die Art im Zuge des Klimawandels aber wieder bis zu uns ausgebreitet und auch weiter Richtung Norden bis zur Nord- und Ostsee. Bei dieser Ausbreitung werden natürlich Wärmegebiete mit Sandbiotopen bevorzugt. So soll die Art nach neuerer Literatur besonders im Wiener Raum und im Neusiedlerseegebiet gefunden werden.

Bei uns habe ich den ersten Fund auf der Geißklee-Sandbienen-Wiese in Neubach machen können. Da sich die Wiese im Verbrachungsstadium befindet, ist sie reich an höherwüchsigen Blütenpflanzen, darunter an vieltriebigen Exemplaren des Gewöhnlichen Dosts (Origanum vulgare). Ausschließlich die Blüten dieser Pflanze wurden von dem einen Exemplar der Heuschrecken-Sandwespe bevorzugt.

Sphex1Heuschrecken-Sandwespe (Sphex funerarius); Neubach, 23.7.2022.

 

Einige Tage später konnte ich ein weiteres Exemplar finden und zwar im Betriebsgelände der Firma Gradwohl bei Melk. Auch hier suchte das Tier die Blütenstände des Dosts auf. Kurz darauf machte ich eine weitere Beobachtung an einer Schlitzblättrigen Karde, wobei es sich möglicherweise um dasselbe Tier gehandelt haben könnte.

Sphex2Heuschrecken-Sandwespe (Sphex funerarius); Melk, 3.8.2022.

Diese große Grabwespenart ernährt sich also vom Nektar bestimmter Blüten, jagt aber auch nach größeren Langfühlerschrecken, die sie in ihre Nester in Sandboden einträgt, um dort als Nahrungsvorrat für die Larven in den Brutkammern zu dienen. Die Heuschrecken werden mit einem Stich gelähmt, um so möglichst lange frisch zu bleiben – ein grausames Schicksal.

Möglicherweise befinden sich die Brut- und Entwicklungshabitate der Sandwespe in den Quarzsandgruben der Umgebung. Sandhabitate in Nachbarschaft von blütenreichem Wiesengelände stellen die optimalen Lebensräume für viele Grabwespenarten dar. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich diese Grabwespenart unter dem Einfluss des Klimawandels in unserem Gebiet ausbreiten kann.

 

Wolfgang Schweighofer, 16.8.2022

Die Heidekraut-Sandbiene

Saisonschluss bei den Sandbienen: die Heidekraut-Sandbiene Andrena fuscipes

Als letzte der knapp 150 Sandbienen-Arten in Österreich steigt mit der Blüte des Heidekrauts (Calluna vulgaris) ab August die Heidekraut-Sandbiene ins Fluggeschehen ein. Die Art ist auf das Heidekraut spezialisiert und die Weibchen sammeln nur an diesen Blüten Pollen.

Die Bienen sind recht klein, etwa 8-11mm, und können nur bei gezielter Nachschau an größeren Beständen des Heidekrauts entdeckt werden. Die Männchen erscheinen zuerst und zischen in rasendem Flug durch die Heidekrautfelder, um paarungsbereite Weibchen zu finden. Sie sind nur die ersten Tage bräunlich gefärbt und bleichen dann schnell zu Hellgrau aus.  Zwischendurch machen sie kurze Pausen von 2-3 Sekunden, um Nektar zu saugen, geben also dem Fotografen kaum Chancen.

Fucipes1Heidekraut-Sandbiene, Männchen. St. Oswald, 5.8.2022.

Nach einigen Tagen erscheinen die hübscheren Weibchen mit ihrem orangebraunen Rückenpelz und beginnen mit dem Pollensammeln in den Tiefen der Heidekrautbüsche, womit es dem Fotografen neuerlich nicht gerade leichtgemacht wird, zu guten Ergebnissen zu kommen.

Fucipes2Heidekraut-Sandbiene, Weibchen. St. Oswald, 15.8.2022.

Calluna vulgaris wächst prinzipiell auf sauren Unterlagen und kommt demzufolge hauptsächlich im Mühl- und Waldviertel, auch in der Flysch-Sandsteinzone und in den Zentralalpen vor. Das Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene in Österreich wird als mäßig häufig beschrieben. Dies trifft vermutlich aber nur auf gewisse Gebiete im oberen Waldviertel zu. In weiten Teilen Österreichs und Mitteleuropas fehlt Calluna vulgaris und damit auch Andrena fuscipes. Früher war das Heidekraut im Waldviertel häufig und kam fast flächendeckend vor. Heute sind im südlichen Waldviertel beinahe alle Heidewiesen in ertragreichere Fettwiesen umgewandelt worden und das leuchtende Dunkelrosa der herbstlichen Blüten ist aus dem Landschaftsbild verschwunden.

Nördlich von St. Oswald im Yspertal erkennt man allerdings neben der Straße nach Dorfstetten noch zwei langgezogene, flache Straßenböschungen an Hofzufahrten, die noch die traditionelle Heidevegetation mit Heidekrautteppichen aufweisen. Diese Flächen werden dankenswerterweise von einem Bauern mit dem Motormäher gepflegt. Dort liegt das einzige mir bekannte Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene im südwestlichen Waldviertel. Die meisten Indviduen finde ich allerdings an einer Wegböschung etwas abseits davon, wo ganz begrenzt dichte alte Callunabüsche stehen. Dort stehen den Bienen auch genügend offene Bodenstellen für die Nestanlage zur Verfügung.

Fucipes3Calluna-Böschung bei St. Oswald (Ausschnitt). 15.8.2021.

Erfreulicherweise konnte ich bei meinem letzten Besuch auch die seltene Kuckucksbiene von Andrena fuscipes entdecken. Es handelt sich um die kleine Wespenbiene Nomada rufipes, die sich ebenfalls gerne an Heidekraut zum Nektarsaugen einstellt und dort auf Grund der späten Flugzeit nicht mehr mit ähnlichen Wespenbienenarten verwechselt werden kann.

Fucipes4Wespenbiene Nomada rufipes, Weibchen. 15.8.2022

Zwischen diesen Fundstellen liegt noch eine Wiese mit Gebüschgruppen an eingestreuten Felsblöcken, den sogenannten Findlingen. Dort findet man noch Anzeichen dafür, dass hier die Heidevegetation in früheren Zeiten flächendeckend vorhanden war. Überall blüht die hübsche Heidenelke (Dianthus deltoides) und in den kleinflächigen Magerrasen auf der Südseite der Findlinge entdeckt man ebenfalls Heidekraut und überraschend viele Exemplare des sehr selten gewordenen Kleinen Heidegrashüpfers (Stenobothrus stigmaticus), einer Charakterart der Waldviertler Bürstlingsrasen, die es heute kaum mehr gibt.

Fucipes5Kleiner Heidegrashüpfer, Männchen. St. Oswald, 15.8.2022.

Bleibt nur zu hoffen, dass diese letzten Relikte traditioneller Wiesenbewirtschaftung im südlichen Waldviertel mit ihrer spezialisierten Lebewelt noch möglichst lange überdauern mögen.

Fucipes6Heidekraut-Zwergstrauch an Findlingsfelsen. St. Oswald, 15.8.2022.

 

Wolfgang Schweighofer, 16.8.2022

Die Polierte Sandbiene am Kleinpöchlarner Rindfleischberg

Die Polierte Sandbiene (Andrena polita ) ist eine im Sommer fliegende Bienenart und gehört zu den Seltenheiten der heimischen Bienenfauna und überhaupt in Mitteleuropa.

Diese Andrena besitzt eine ansehnliche Größe und dichte, pelzige, gelbbraune Behaarung. Die schwarzen, glänzenden („polierten“) Hinterleibsringe besitzen hellere Haarbinden und eine kontrastierende orange Endfranse. Mit diesen Merkmalen kann man die Polierte Sandbiene unter ihren etwa 150 heimischen Gattungsgenossen schon einmal ganz gut herausfiltern, zumal im Sommer bereits viel weniger Andrenen unterwegs sind als etwa im Frühling. Dazu kommt aber noch, dass diese Biene ausschließlich an Korbblütengewächsen den Pollen zur Verproviantierung ihrer Brutzellen sammelt, was die Suche nach dieser Bienenart weiter erleichtert.

Ich finde diese Biene schon seit Jahren in geringer Zahl am Kleinpöchlarner Rindfleischberg und dort bisher ausschließlich an der blauen Wegwarte (Cichorium intybus). Die Wegwarte kommt dort eher spärlich an den Wegrändern vor. Dazu kommt, dass diese Wegwartenbestände in alljährlich wechselndem Ausmaß leider immer wieder vor der Blüte abgemäht werden, wobei sich mir oft die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme verschließt.

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Frisches Weibchen von Andrena polita auf Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Gerade heuer wurden fast alle Wegwarten abgemäht. Nur im Ostteil blieben vorerst 2 kleinere Bestände am Rande eines Getreidefelds erhalten. Und dort wurde ich schließlich wieder fündig. Ich konnte immerhin 3 teils sammelnde Weibchen und einige Männchen beim Blütenbesuch an Wegwarte entdecken. Ein Weibchen hatte gelben Blütenstaub gesammelt, musste also zuvor an einem gelben Korbblütler gesammelt haben.

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Weibchen von A. polita hat Pollen auf einem gelben Korbblütler gesammelt und besucht nun Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Männchen von A. polita an blauer Wegwarte. Kleinpöchlarn, 21.6.2022

Die Top-Überraschung aber war, dass ich in den Blüten auch Exemplare des „Kuckucks“ der Polierten Sandbiene fand, nämlich die Wespenbiene Nomada pleurosticta. Die Weibchen dieser Art belauern die Nester von A. polita und schummeln ihre eigenen Eier in die Brutzellen. Häufig kann man die Kuckucksbienen beider Geschlechter an denselben Pollenpflanzen, die die Wirtsbienen nutzen, finden und so dann auch meistens bestimmen. Nomada pleurosticta ist so selten, dass man im Internet kaum Bilder von ihr findet. Lediglich Westrich zeigt gute Bilder beider Geschlechter, was ebenfalls für die Bestimmung hilfreich ist.

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Wespenbiene Nomada pleurosticta, Männchen, Brutparasit bei A. polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada pleurosticta auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Andrena polita am Nest. Kleinpöchlarn, 10.6.2018

Dasselbe glückte mir dann auch noch an einer kleinen ungemähten Böschung mit der Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana. Während hier die Sandbiene standesgemäß auf einer Acker-Witwenblume saß, fand sich der mutmaßliche Kuckuck Nomada armata gleich daneben auf einer Ochsenaugen-Blüte.

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Weibchen von Andrena hattorfiana sammelt Pollen auf Acker-Witwenblume. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada armata, Brutparasit von A. hattorfiana, auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Wenn man Standorte der Wegwarte abseits der Bankette der Hauptstraßen in ökologisch wertigen Gebieten kennt, so kann es sich durchaus auszahlen, dort selbst einmal Nachschau zu halten. Allfällige Funde der Polierten Sandbiene sollten dann dokumentiert und auf den gängigen Internet-Plattformen gemeldet werden.

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Wegwartenbestand mit Vorkommen von Andrena polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Der Rindfleischberg wiederum ist sicher eines der wichtigsten Vorkommen von Andrena polita in Österreich. Die Population könnte aber deutlich gestärkt werden, indem man das Abmähen der wenigen Wegwarten in Zukunft unterbindet.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Besuch auf der Geißklee-Sandbienenwiese in Neubach an der Pielach

Nach längerem unternahm ich am 30. Juni wieder eine Exkursion zum Fundort der Geißklee-Sandbiene Andrena aberrans in Neubach. Inzwischen hatte H. Wiesbauer dort auch die wunderschöne und seltene Pelzbiene Anthophora crinipes fotografiert, und die einsetzende Flockenblumenblüte versprach nun weitere Bienenfunde und ein reiches Insektenvorkommen.

Inzwischen gibt es ja bereits Gespräche mit dem Grundeigentümer hinsichtlich der Optimierung der Wiesenpflege. Und so galt es auch, weitere Daten zu sammeln und passende Pflegerichtlinien zu überlegen.

Bei meinem Eintreffen bemerkte ich sofort üppigen Blütenreichtum. Es dominierten Arten wie die Skabiosen-Flockenblume, die Rispen-Flockenblume und der bei uns ziemlich seltene Esparsetten-Tragant, aber auch viele weitere Arten hatten die Wiese in ein Blütenmeer verwandelt. Freilich war nicht zu übersehen, dass die Wiese schon lange nicht mehr gepflegt worden war und dass bereits zahlreiche junge Bäumchen aufkamen. Bald würde dieses Paradies durch den Gehölzaufwuchs vernichtet werden und viele Arten würden wieder verschwinden.

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Der seltene Esparsetten-Tragant versinkt teilweise bereits im Grasfilz. Neubach, 30.6.2022

Die interessantesten Arten entdeckte ich an den Flockenblumen. Die gut mittelgroße Blattschneiderbiene Megachile pilicrus ist südlichen Ursprungs und in den letzten Jahren von Südosten her massiv in Österreich eingewandert. Nun haben diese schönen Bienen auch unser Gebiet erreicht und ich entdeckte etwa 7 Weibchen beim Blütenbesuch an den genannten Flockenblumen-Arten. Die Art ist spezialisiert auf den Pollenerwerb an den Flockenblumen. Dazu besitzt sie spezielle Haarbürsten an den oberen Hinterbeinen zum Herauskämmen des Pollens, die genau wie die Bauchbürste zum Transport des Pollens leuchtend orangerot gefärbt sind. An diesem Merkmal ist die Art eindeutig von anderen größeren Blattschneiderbienen zu unterscheiden.

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Frisches Weibchen von Megachile pilicrus an Flockenblume. Melk, 26.6.2022

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Rote Haare am oberen linken Hinterbein als Merkmal für Megachile pilicrus. Melk 26.6.2022

Schließlich entdeckte ich an den Rispen-Flockenblumen eine kleine Sensation, nämlich ein weibliches Exemplar der winzigen, aber seltenen Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum beim Pollensammeln. Ich brauchte etwa eine Stunde, um bei leichtem Wind gute Bilder dieser Rarität einfangen zu können. Diese Art kommt nur in den Bundesländern Wien, Burgenland, Niederösterreich, Steiermark und Tirol vor und ist neu für unsere Region.

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Weibchen der Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum. Neubach, 30.6.2022

Neben einigen anderen interessanten Bienen konnte ich noch einige Exemplare des Flockenblumen-Scheckenfalters Melitaea phoebe vorfinden.

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Flockenblumen-Scheckenfalter Melitaea phoebe. Neubach, 30.6.2022

Für die Bienen ist die Wiesenfläche eine Topdestination in unserer Region. Ohne Zweifel ist diese Wiese in Neubach sowohl aus floristischer wie auch aus faunistischer Sicht höchst schutzwürdig und es muss alles darangesetzt werden, den Pflegezustand der Fläche zu optimieren.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Der Schmetterlingshaft an seinem westlichen Vorposten im Donautal

Der Schmetterlingshaft Libelloides macaronius ist traditionell ein Flaggschiff des Naturschutzes. Das ist sicher auf seine ansehnliche Größe, die interessante schwarz-gelbe Färbung, die auffällig langen Fühler mit den stark verdickten Fühlerkolben und die netzartig strukturierten Flügel – er gehört ja innerhalb der Insekten zu den Netzflüglern – zurückzuführen.

Der Schmetterlingshaft kommt hauptsächlich in Naturschutzgebieten der wärmeren, pannonisch getönten Lagen vor; in den großräumig von naturnahen Habitaten befreiten Agrarsteppen, aber auch im kühleren Bergland kann er nicht überleben. Sein Vorkommen ist also nur inselartig über den Osten Österreichs verstreut, wobei auch in Oberösterreich einige verstreute Fundorte existieren.

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Habitat des Östlichen Schmetterlingshafts Libelloides macaronius am Rindfleischberg bei Kleinpöchlarn. 14.6.2022

 

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Habitatdetail, Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Das früher nicht allgemein bekannte Vorkommen am Pöchlarner Rindfleischberg ist mir selbst schon lange bekannt. Je nach Habitatverfügbarkeit fliegt er dort auf selten oder kaum gemähten Trespenbrachen hauptsächlich im Juni. In den letzten Jahren standen diese Habitate wieder verstärkt zur Verfügung und so habe ich mich heuer aufgemacht, um endlich einmal wirklich gute Bilder dieses bei uns sehr seltenen Netzflüglers zu schießen. Dieses Unterfangen ist schwierig, denn bei Sonne fliegen die Tiere ausdauernd und setzen sich kaum ab, wenn aber doch, dann nur für einige Sekunden. Aber nur bei Sonne hat man die kleine Chance, die Tiere mit offenem Flügel fotogen knipsen zu können. Bei Wolkenaufzug klappen sie unmittelbar nach der Landung die Flügel zusammen.

Mein Schlachtplan sah so aus, dass ich mich an einer Stelle einer langgezogenen Trespenbrache postierte, wo relativ starker Flugbetrieb herrschte. Dort versuchte ich fliegende Tiere so lange zu verfolgen, bis ich sie landen sah, was natürlich nur selten gelang. Dann musste ich innerhalb kürzester Zeit zum Landeplatz eilen, vorsichtig die Kamera in Anschlag bringen und dabei hoffen, dass der Schmetterlingshaft nicht wieder durchstartete. Und einmal ist es mir tatsächlich gelungen:

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Östlicher Schmetterlingshaft Libelloides macaronius, Männchen. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Wenn Wolken aufziehen, sind dann nur mehr weitaus weniger spektakuläre Bilder möglich.

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Östlicher Schmetterlingshaft, Männchen, mit zusammengelegten Flügeln. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

 

Jetzt im Juli ist die Flugzeit des Schmetterlingshafts bereits wieder vorbei. Man kann nur hoffen, dass die Tiere im nächsten Jahr wieder ideale Bedingungen vorfinden, um neuerlich am Rindfleischberg ihre Kreise ziehen zu können.

 

Wolfgang Schweighofer, Juni 2022