Saisonschluss bei den Sandbienen: die Heidekraut-Sandbiene Andrena fuscipes
Als letzte der knapp 150 Sandbienen-Arten in Österreich steigt mit der Blüte des Heidekrauts (Calluna vulgaris) ab August die Heidekraut-Sandbiene ins Fluggeschehen ein. Die Art ist auf das Heidekraut spezialisiert und die Weibchen sammeln nur an diesen Blüten Pollen.
Die Bienen sind recht klein, etwa 8-11mm, und können nur bei gezielter Nachschau an größeren Beständen des Heidekrauts entdeckt werden. Die Männchen erscheinen zuerst und zischen in rasendem Flug durch die Heidekrautfelder, um paarungsbereite Weibchen zu finden. Sie sind nur die ersten Tage bräunlich gefärbt und bleichen dann schnell zu Hellgrau aus. Zwischendurch machen sie kurze Pausen von 2-3 Sekunden, um Nektar zu saugen, geben also dem Fotografen kaum Chancen.
Heidekraut-Sandbiene, Männchen. St. Oswald, 5.8.2022.
Nach einigen Tagen erscheinen die hübscheren Weibchen mit ihrem orangebraunen Rückenpelz und beginnen mit dem Pollensammeln in den Tiefen der Heidekrautbüsche, womit es dem Fotografen neuerlich nicht gerade leichtgemacht wird, zu guten Ergebnissen zu kommen.
Heidekraut-Sandbiene, Weibchen. St. Oswald, 15.8.2022.
Calluna vulgaris wächst prinzipiell auf sauren Unterlagen und kommt demzufolge hauptsächlich im Mühl- und Waldviertel, auch in der Flysch-Sandsteinzone und in den Zentralalpen vor. Das Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene in Österreich wird als mäßig häufig beschrieben. Dies trifft vermutlich aber nur auf gewisse Gebiete im oberen Waldviertel zu. In weiten Teilen Österreichs und Mitteleuropas fehlt Calluna vulgaris und damit auch Andrena fuscipes. Früher war das Heidekraut im Waldviertel häufig und kam fast flächendeckend vor. Heute sind im südlichen Waldviertel beinahe alle Heidewiesen in ertragreichere Fettwiesen umgewandelt worden und das leuchtende Dunkelrosa der herbstlichen Blüten ist aus dem Landschaftsbild verschwunden.
Nördlich von St. Oswald im Yspertal erkennt man allerdings neben der Straße nach Dorfstetten noch zwei langgezogene, flache Straßenböschungen an Hofzufahrten, die noch die traditionelle Heidevegetation mit Heidekrautteppichen aufweisen. Diese Flächen werden dankenswerterweise von einem Bauern mit dem Motormäher gepflegt. Dort liegt das einzige mir bekannte Vorkommen der Heidekraut-Sandbiene im südwestlichen Waldviertel. Die meisten Indviduen finde ich allerdings an einer Wegböschung etwas abseits davon, wo ganz begrenzt dichte alte Callunabüsche stehen. Dort stehen den Bienen auch genügend offene Bodenstellen für die Nestanlage zur Verfügung.
Calluna-Böschung bei St. Oswald (Ausschnitt). 15.8.2021.
Erfreulicherweise konnte ich bei meinem letzten Besuch auch die seltene Kuckucksbiene von Andrena fuscipes entdecken. Es handelt sich um die kleine Wespenbiene Nomada rufipes, die sich ebenfalls gerne an Heidekraut zum Nektarsaugen einstellt und dort auf Grund der späten Flugzeit nicht mehr mit ähnlichen Wespenbienenarten verwechselt werden kann.
Wespenbiene Nomada rufipes, Weibchen. 15.8.2022
Zwischen diesen Fundstellen liegt noch eine Wiese mit Gebüschgruppen an eingestreuten Felsblöcken, den sogenannten Findlingen. Dort findet man noch Anzeichen dafür, dass hier die Heidevegetation in früheren Zeiten flächendeckend vorhanden war. Überall blüht die hübsche Heidenelke (Dianthus deltoides) und in den kleinflächigen Magerrasen auf der Südseite der Findlinge entdeckt man ebenfalls Heidekraut und überraschend viele Exemplare des sehr selten gewordenen Kleinen Heidegrashüpfers (Stenobothrus stigmaticus), einer Charakterart der Waldviertler Bürstlingsrasen, die es heute kaum mehr gibt.
Kleiner Heidegrashüpfer, Männchen. St. Oswald, 15.8.2022.
Bleibt nur zu hoffen, dass diese letzten Relikte traditioneller Wiesenbewirtschaftung im südlichen Waldviertel mit ihrer spezialisierten Lebewelt noch möglichst lange überdauern mögen.
Heidekraut-Zwergstrauch an Findlingsfelsen. St. Oswald, 15.8.2022.
Wolfgang Schweighofer, 16.8.2022