Die Polierte Sandbiene am Kleinpöchlarner Rindfleischberg

Die Polierte Sandbiene (Andrena polita ) ist eine im Sommer fliegende Bienenart und gehört zu den Seltenheiten der heimischen Bienenfauna und überhaupt in Mitteleuropa.

Diese Andrena besitzt eine ansehnliche Größe und dichte, pelzige, gelbbraune Behaarung. Die schwarzen, glänzenden („polierten“) Hinterleibsringe besitzen hellere Haarbinden und eine kontrastierende orange Endfranse. Mit diesen Merkmalen kann man die Polierte Sandbiene unter ihren etwa 150 heimischen Gattungsgenossen schon einmal ganz gut herausfiltern, zumal im Sommer bereits viel weniger Andrenen unterwegs sind als etwa im Frühling. Dazu kommt aber noch, dass diese Biene ausschließlich an Korbblütengewächsen den Pollen zur Verproviantierung ihrer Brutzellen sammelt, was die Suche nach dieser Bienenart weiter erleichtert.

Ich finde diese Biene schon seit Jahren in geringer Zahl am Kleinpöchlarner Rindfleischberg und dort bisher ausschließlich an der blauen Wegwarte (Cichorium intybus). Die Wegwarte kommt dort eher spärlich an den Wegrändern vor. Dazu kommt, dass diese Wegwartenbestände in alljährlich wechselndem Ausmaß leider immer wieder vor der Blüte abgemäht werden, wobei sich mir oft die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme verschließt.

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Frisches Weibchen von Andrena polita auf Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Gerade heuer wurden fast alle Wegwarten abgemäht. Nur im Ostteil blieben vorerst 2 kleinere Bestände am Rande eines Getreidefelds erhalten. Und dort wurde ich schließlich wieder fündig. Ich konnte immerhin 3 teils sammelnde Weibchen und einige Männchen beim Blütenbesuch an Wegwarte entdecken. Ein Weibchen hatte gelben Blütenstaub gesammelt, musste also zuvor an einem gelben Korbblütler gesammelt haben.

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Weibchen von A. polita hat Pollen auf einem gelben Korbblütler gesammelt und besucht nun Wegwarte. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Männchen von A. polita an blauer Wegwarte. Kleinpöchlarn, 21.6.2022

Die Top-Überraschung aber war, dass ich in den Blüten auch Exemplare des „Kuckucks“ der Polierten Sandbiene fand, nämlich die Wespenbiene Nomada pleurosticta. Die Weibchen dieser Art belauern die Nester von A. polita und schummeln ihre eigenen Eier in die Brutzellen. Häufig kann man die Kuckucksbienen beider Geschlechter an denselben Pollenpflanzen, die die Wirtsbienen nutzen, finden und so dann auch meistens bestimmen. Nomada pleurosticta ist so selten, dass man im Internet kaum Bilder von ihr findet. Lediglich Westrich zeigt gute Bilder beider Geschlechter, was ebenfalls für die Bestimmung hilfreich ist.

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Wespenbiene Nomada pleurosticta, Männchen, Brutparasit bei A. polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada pleurosticta auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Andrena polita am Nest. Kleinpöchlarn, 10.6.2018

Dasselbe glückte mir dann auch noch an einer kleinen ungemähten Böschung mit der Knautien-Sandbiene Andrena hattorfiana. Während hier die Sandbiene standesgemäß auf einer Acker-Witwenblume saß, fand sich der mutmaßliche Kuckuck Nomada armata gleich daneben auf einer Ochsenaugen-Blüte.

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Weibchen von Andrena hattorfiana sammelt Pollen auf Acker-Witwenblume. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

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Mutmaßliches Weibchen von Nomada armata, Brutparasit von A. hattorfiana, auf Ochsenauge. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Wenn man Standorte der Wegwarte abseits der Bankette der Hauptstraßen in ökologisch wertigen Gebieten kennt, so kann es sich durchaus auszahlen, dort selbst einmal Nachschau zu halten. Allfällige Funde der Polierten Sandbiene sollten dann dokumentiert und auf den gängigen Internet-Plattformen gemeldet werden.

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Wegwartenbestand mit Vorkommen von Andrena polita. Kleinpöchlarn, 6.7.2022

Der Rindfleischberg wiederum ist sicher eines der wichtigsten Vorkommen von Andrena polita in Österreich. Die Population könnte aber deutlich gestärkt werden, indem man das Abmähen der wenigen Wegwarten in Zukunft unterbindet.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Besuch auf der Geißklee-Sandbienenwiese in Neubach an der Pielach

Nach längerem unternahm ich am 30. Juni wieder eine Exkursion zum Fundort der Geißklee-Sandbiene Andrena aberrans in Neubach. Inzwischen hatte H. Wiesbauer dort auch die wunderschöne und seltene Pelzbiene Anthophora crinipes fotografiert, und die einsetzende Flockenblumenblüte versprach nun weitere Bienenfunde und ein reiches Insektenvorkommen.

Inzwischen gibt es ja bereits Gespräche mit dem Grundeigentümer hinsichtlich der Optimierung der Wiesenpflege. Und so galt es auch, weitere Daten zu sammeln und passende Pflegerichtlinien zu überlegen.

Bei meinem Eintreffen bemerkte ich sofort üppigen Blütenreichtum. Es dominierten Arten wie die Skabiosen-Flockenblume, die Rispen-Flockenblume und der bei uns ziemlich seltene Esparsetten-Tragant, aber auch viele weitere Arten hatten die Wiese in ein Blütenmeer verwandelt. Freilich war nicht zu übersehen, dass die Wiese schon lange nicht mehr gepflegt worden war und dass bereits zahlreiche junge Bäumchen aufkamen. Bald würde dieses Paradies durch den Gehölzaufwuchs vernichtet werden und viele Arten würden wieder verschwinden.

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Der seltene Esparsetten-Tragant versinkt teilweise bereits im Grasfilz. Neubach, 30.6.2022

Die interessantesten Arten entdeckte ich an den Flockenblumen. Die gut mittelgroße Blattschneiderbiene Megachile pilicrus ist südlichen Ursprungs und in den letzten Jahren von Südosten her massiv in Österreich eingewandert. Nun haben diese schönen Bienen auch unser Gebiet erreicht und ich entdeckte etwa 7 Weibchen beim Blütenbesuch an den genannten Flockenblumen-Arten. Die Art ist spezialisiert auf den Pollenerwerb an den Flockenblumen. Dazu besitzt sie spezielle Haarbürsten an den oberen Hinterbeinen zum Herauskämmen des Pollens, die genau wie die Bauchbürste zum Transport des Pollens leuchtend orangerot gefärbt sind. An diesem Merkmal ist die Art eindeutig von anderen größeren Blattschneiderbienen zu unterscheiden.

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Frisches Weibchen von Megachile pilicrus an Flockenblume. Melk, 26.6.2022

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Rote Haare am oberen linken Hinterbein als Merkmal für Megachile pilicrus. Melk 26.6.2022

Schließlich entdeckte ich an den Rispen-Flockenblumen eine kleine Sensation, nämlich ein weibliches Exemplar der winzigen, aber seltenen Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum beim Pollensammeln. Ich brauchte etwa eine Stunde, um bei leichtem Wind gute Bilder dieser Rarität einfangen zu können. Diese Art kommt nur in den Bundesländern Wien, Burgenland, Niederösterreich, Steiermark und Tirol vor und ist neu für unsere Region.

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Weibchen der Westlichen Zwerg-Wollbiene Anthidium nanum. Neubach, 30.6.2022

Neben einigen anderen interessanten Bienen konnte ich noch einige Exemplare des Flockenblumen-Scheckenfalters Melitaea phoebe vorfinden.

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Flockenblumen-Scheckenfalter Melitaea phoebe. Neubach, 30.6.2022

Für die Bienen ist die Wiesenfläche eine Topdestination in unserer Region. Ohne Zweifel ist diese Wiese in Neubach sowohl aus floristischer wie auch aus faunistischer Sicht höchst schutzwürdig und es muss alles darangesetzt werden, den Pflegezustand der Fläche zu optimieren.

 

Wolfgang Schweighofer, 7.7.2022

Der Schmetterlingshaft an seinem westlichen Vorposten im Donautal

Der Schmetterlingshaft Libelloides macaronius ist traditionell ein Flaggschiff des Naturschutzes. Das ist sicher auf seine ansehnliche Größe, die interessante schwarz-gelbe Färbung, die auffällig langen Fühler mit den stark verdickten Fühlerkolben und die netzartig strukturierten Flügel – er gehört ja innerhalb der Insekten zu den Netzflüglern – zurückzuführen.

Der Schmetterlingshaft kommt hauptsächlich in Naturschutzgebieten der wärmeren, pannonisch getönten Lagen vor; in den großräumig von naturnahen Habitaten befreiten Agrarsteppen, aber auch im kühleren Bergland kann er nicht überleben. Sein Vorkommen ist also nur inselartig über den Osten Österreichs verstreut, wobei auch in Oberösterreich einige verstreute Fundorte existieren.

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Habitat des Östlichen Schmetterlingshafts Libelloides macaronius am Rindfleischberg bei Kleinpöchlarn. 14.6.2022

 

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Habitatdetail, Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Das früher nicht allgemein bekannte Vorkommen am Pöchlarner Rindfleischberg ist mir selbst schon lange bekannt. Je nach Habitatverfügbarkeit fliegt er dort auf selten oder kaum gemähten Trespenbrachen hauptsächlich im Juni. In den letzten Jahren standen diese Habitate wieder verstärkt zur Verfügung und so habe ich mich heuer aufgemacht, um endlich einmal wirklich gute Bilder dieses bei uns sehr seltenen Netzflüglers zu schießen. Dieses Unterfangen ist schwierig, denn bei Sonne fliegen die Tiere ausdauernd und setzen sich kaum ab, wenn aber doch, dann nur für einige Sekunden. Aber nur bei Sonne hat man die kleine Chance, die Tiere mit offenem Flügel fotogen knipsen zu können. Bei Wolkenaufzug klappen sie unmittelbar nach der Landung die Flügel zusammen.

Mein Schlachtplan sah so aus, dass ich mich an einer Stelle einer langgezogenen Trespenbrache postierte, wo relativ starker Flugbetrieb herrschte. Dort versuchte ich fliegende Tiere so lange zu verfolgen, bis ich sie landen sah, was natürlich nur selten gelang. Dann musste ich innerhalb kürzester Zeit zum Landeplatz eilen, vorsichtig die Kamera in Anschlag bringen und dabei hoffen, dass der Schmetterlingshaft nicht wieder durchstartete. Und einmal ist es mir tatsächlich gelungen:

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Östlicher Schmetterlingshaft Libelloides macaronius, Männchen. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

Wenn Wolken aufziehen, sind dann nur mehr weitaus weniger spektakuläre Bilder möglich.

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Östlicher Schmetterlingshaft, Männchen, mit zusammengelegten Flügeln. Kleinpöchlarn, 14.6.2022

 

Jetzt im Juli ist die Flugzeit des Schmetterlingshafts bereits wieder vorbei. Man kann nur hoffen, dass die Tiere im nächsten Jahr wieder ideale Bedingungen vorfinden, um neuerlich am Rindfleischberg ihre Kreise ziehen zu können.

 

Wolfgang Schweighofer, Juni 2022