Gurhofgraben

Lage

Bezirk Melk, Gemeinde Dunkelsteinerwald, KG Kicking, östlich der Kartause Aggsbach. Der Serpentinstandort liegt im Mitterbachgraben, Seehöhe 320-500m

Serpentintrockenrasen und Hangwaldflächen im Gurhofgraben

Gebietsbetreuer: Erhard Kraus, Hannes Seehofer

Beschreibung

Das Naturschutzgebiet Gurhofgraben wurde 1979 auf 1,8 ha verordnet und 2006 um die LANIUS Flächen (5,5 ha) erweitert. Die drei Grundstücke wurden im Rahmen des LIFE Natur Projektes Wachau angekauft. Das gesamte Naturschutzgebiet (NSG) ist 7,3 ha groß und umfasst süd-, südwest- und nordwestexponierte Serpentintrockenrasen und Hangwaldflächen.

Geologie

Im Mitterbachgraben befinden sich südlich des Polakenkopfes die größten Vorkommen von Ultrabasiten (Serpentinit) innerhalb des Dunkelsteiner Granulitmassives. Im 18. Jahrhundert legte das Stift Göttweig einen Granatschurf im Mitterbachgraben an. Die blutroten Granate werden von Keliphit umgeben. Zusätzlich ist der Granat-Pyroxenit unter Mineralogen bekannt. Als mineralogische Besonderheit ist auch der Gurhofian (magnesiumreicher Dolomit) zu nennen, der in porzellanweißen Knollen auftritt.

Flora und Vegetation

Pflanzengesellschaften auf Serpentinböden sind in Österreich selten und kommen nur inselartig in der nördlichen Steiermark, im Mittel- und Südburgenland sowie am Südrand der Böhmischen Masse in Niederösterreich vor. Der Gurhofgraben ist einer dieser wenigen Serpentinstandorte in Österreich. Entsprechend selten und schützenswert ist die Vegetation. Bisher wurden 136 Pflanzenarten festgestellt, davon sind 24 gefährdet. Serpentin-Trockenrasen und Serpentin-Felsspaltenfluren Eine Besonderheit auf den flachgründigsten Standorten sind die Serpentin-Trockenrasen aus dem Verband Avenulo adsurgentis-Festucion pallentis, wobei die Wachauer Bestände zu einem bisher nicht genügend bekannten Vegetationstyp gehören, der möglicherweise als eigene Assoziation beschrieben werden könnte. Die lückigen Bestände sind u.a. von Bleich-Schwingel, Heide-Ginster, Sand-Fingerkraut, Frühblühender Thymian und Acker-Hornkraut dominiert. Als floristische Besonderheiten gelten Kerner-Brillenschötchen, Schmalblatt-Vergissmeinnicht und Tauben-Skabiose. Die Gesellschaft bildet einen Komplex mit den Serpentin-Felsspaltenfluren und Serpentin-Rotföhrenwäldern. An den Felsbereichen kommt die einzige Serpentin-Felsspalten-Gesellschaft Österreichs, das Notholaeno-Sempervivetum (Serpentin-Strichfarn-Flur) vor. Nur dort sind die Besonderheiten Serpentin-Streifenfarn (Asplenium cuneifolium) und Pelzfarn (Notholaena maranthae) zu finden. Serpentin-Rotföhrenwald Dort wo die Föhren mehr oder weniger geschlossene, aber immer noch lückige Bestände einnehmen, kommt eine Sonderform des Rotföhrenwaldes – der Wachauer Serpentin-Rotföhrenwald (Festuco ovinae-Pinetum) – vor. Die Krautschicht der schütteren, schlecht-wüchsigen Wälder wird von zahlreichen thermophilen Arten charakterisiert. Die Bestände zeichnen sich u.a. durch Ästige Graslilie, Trauben-Geißklee, Kerner-Brillenschötchen und Wildes Alpenveilchen aus. Sonstige Wälder In einem Teil des Waldbestandes im NSG Gurhofgraben nahm die standortsfremde Fichte eine relativ dominante Stellung ein. Die beigemischten Rotföhren sowie der oft artenreiche Unterwuchs zeigen, dass es sich bei diesen Wäldern um potentielle Serpentin-Rotföhrenwälder handelt. Der südöstliche Waldbestand kennzeichnet sich durch einen Mischbestand aus Buche, Fichte, Föhre und Birke. Dieser Waldtyp ist im Unterwuchs extrem artenarm, vereinzelt kommt etwa Heidelbeere vor. Eine Strauchschicht ist nicht ausgebildet. Ein ähnliches, von der Buche dominiertes Waldfragment ist im zentralen Teil des Projektgebietes ausgebildet. Entlang der Bäche im Bereich der Nord- und Westgrenze des Projektgebietes weicht die Vegetation erwartungsgemäß stark von der sonstigen natürlichen Vegetation des Gurhofgrabens ab. An Gehölzen dominieren v.a. Buche, Hainbuche, Schwarz-Erle, Berg-Ahorn, Haselnuss und Schwarz-Holunder. Im Unterwuchs sind Frischezeiger wie Leberblümchen, Türkenbund, Echter Seidelbast und Haselwurz typisch.

Rote Liste Pflanzenarten (vorläufige Liste)

Rote Liste gefährdeter Pflanzen Österreichs (NIKLFELD 1999): 2…stark gefährdet, 3…gefährdet, 4…potentiell gefährdet, r!…regional stärker gefährdet (als Zusatz zu 1, 2, 3 oder 4), -r…regional gefährdet: in der Böhmischen Masse BM und/oder im Pannonikum P, aber nicht für ganz Österreich.

Fauna

Es erfolgten ab 2005 Erhebungen der Vögel, Reptilien, Amphibien, Tagfalter und Heuschrecken durch LANIUS-Mitarbeiter. Bisher wurden 38 Brutvögel festgestellt. Als Charakterarten sind Schwarzspecht, Grauspecht, Kleinspecht und Baumpieper zu nennen. Auch Schwarzstorch und Kolkrabe, die in der Umgebung brüten, sind unregelmäßig im Gebiet anzutreffen. Im Mitterbach kommen Feuersalamander, Bachforelle und die stark gefährdete Gestreifte sowie die Große Quelljungfer vor. Von der Großen Quelljungfer gelang W. Schweighofer der Nachweis einer lebenden Larve am 11.11.2006 im Mitterbach. Weiters wurden Grasfrosch, Springfrosch, Gelbbauchunke, Blindschleiche und Schlingnatter bestätigt. Bei den vorläufig 22 nachgewiesenen Tagfaltern sind Großer Fuchs, Flockenblumen-Scheckenfalter, Großer Waldportier und Fetthennen-Bläuling in der Roten Liste vertreten. Mindestens 21 Heuschreckenarten kommen vor. Gefährdet sind Gottesanbeterin, Graue Beißschrecke, Italienische Schönschrecke (einziges Vorkommen im Bezirk Melk) und Schwarzfleckiger Grashüpfer (bedeutendes Vorkommen) sowie Gefleckte Keulenschrecke.

Naturschutzfachliche Bedeutung

Der Gurhofgraben ist einer der wenigen Serpentinstandorte in Österreich, entsprechend selten und schützenswert ist die darauf entwickelte Vegetation. Besonderheiten der Serpentinflora sind die österreichweit gefährdeten Arten Serpentin-Streifenfarn, Schmalblatt-Vergissmeinnicht sowie der in Österreich stark gefährdete Pelzfarn. Berg-Täschelkraut und Berg-Steinkraut haben hier das einzige Vorkommen im Bezirk Melk. Das Naturschutzgebiet zeichnet sich durch seine besondere wissenschaftliche Bedeutung aus. Es wurde von namhaften Botanikern besucht. Weiters ist das Vorkommen seltener Tier- und Pflanzenarten belegt. Der Gurhofgraben wurde im Österreichischen Trockenrasenkatalog als seltenen Rasentyp oder Standort sehr seltener Arten mit nationaler Bedeutung eingestuft. Das Gebiet ist als Biogenetisches Reservat des Europarates ausgewiesen. Vorderstes Schutzziel im Gurhofgraben ist die Erhaltung der bestehenden Serpentin-Trockenrasen, der Serpentin-Strichfarn-Fluren sowie des Serpentin-Rötföhrenwaldes. Darüber hinaus zählen die Serpentin-Trockenrasen und die Serpentin-Strichfarn-Flur laut FFH-Richtlinie zu Lebensraumtypen von europäischer Bedeutung.

Maßnahmen

Als erste Maßnahme schlägerte der Vorbesitzer im Winter 2004/05 in Abstimmung mit LANIUS einen Großteil der Fichten. Bei freiwilligen Vereinseinsätzen wurden im Frühjahr 2005 die Robinien am Mitterbach geschlägert bzw. geringelt und Stieleichen nachgepflanzt. Am 28. Juni 2005 hat LANIUS zwei eingezäunte Monitoringflächen samt Referenzflächen für vegetationskundliche Untersuchungen zur Beurteilung des Schalenwildeinflusses errichtet. Ab 2005 erfolgten fast jährlich Fichteneinsätze, wo im oberen Teil des Grundstücks Fichten entnommen wurden, um die Entwicklung naturnaher Waldbestände mit standortangepasster Baumartenmischung zu fördern.

 

Vorläufig letzter Einsatz Dezember 2014 (15. Einsatz im Gurhofgraben)

11 engagierte Helfer fanden sich trotz klirrender Kälte beim Fichteneinsatz am 29.12. 2014 im Gurhofgraben ein. Es handelte sich um den 15. und vorläufig letzten Arbeitseinsatz im Gurhofgraben. 500 Arbeitsstunden wurden dort bisher geleistet. 30 größere Fichten, die bereits vor dem Einsatz gefällt wurden, haben die 11 Freiwilligen bis 14.00 Uhr aufgearbeitet und händisch ausgetragen. Auch drei „Wachau Volunteers“ halfen fleißig mit. Im Gipfelbereich sind nur mehr einzelne größere Fichten vorhanden, die aber belassen werden.

Alle Fotos: E. Kraus(Fotos: E. Kraus)